Bei der Zweifelsfrau gibt es ein Gedankenexperiment:
Stellen Sie sich vor, ab morgen würde sich die Hälfte der Bundesbürger dafür entscheiden, im Supermarkt, im Kaufhaus oder beim Einzelhändler nicht mehr zu bezahlen. Also nicht mehr nur ein paar Hundert oder ein paar Tausend, wie an einem normalen Tag, sondern 40 Millionen. Stellen Sie sich vor, die gehen ab morgen in die Läden, nehmen sich, was Ihnen gefällt, und spazieren wieder hinaus.
Wäre das eine Straftat? Aber sicher. Wäre das eine Verletzung geltenden Rechts? Selbstverständlich. Könnten die bestehenden Institutionen die geltenden Gesetze durchsetzen, dem gesetzten Recht wieder zu seinem Recht verhelfen? Nein, natürlich nicht. Kein Staat dieser Welt hätte die Kapazität dazu, die Hälfte seiner Bevölkerung davon abzuhalten oder nachträglich zu sanktionieren.
Das Recht auf Eigentum – woraus sich ja die Pflicht zum Leisten eines Gegenwerts beim Übertragen des Eigentums ableitet – existiert nicht, weil es in den Gesetzen steht, sondern weil sich die überwiegende Mehrheit der Menschen daran hält. Und zwar die überwiegende, überwiegende Mehrheit. Also nicht irgendwie 64 Prozent oder gar nur 51 Prozent. Sondern ein Prozentsatz deutlich näher an den 100%. Nur so hat nämlich ein Gemeinwesen die Chance gegenüber den paar Prozent, die sich nicht daran halten, das Recht auch durchzusetzen und die Übertretung zu sanktionieren.
Es ist die gelebte Übereinkunft, die das Recht überhaupt erst handhabbar macht.
Dieses gut nachvollziehbare Beispiel kann man auf andere Straftatbestände übertragen.
Daraus lässt sich ableiten, dass es in unserer Gesellschaft Werte gibt, an die sich (fast) alle Menschen halten. Täten sie es nicht, hätte unsere Gesellschaft keine Ressourcen dies zu verhindern.
Unsere Gesellschaft bräche zusammen.
Dann bin ich auf einen Tweet gestoßen (Original in englisch):
Weiterlesen „Was unsere Gesellschaft im innersten zusammenhält“