Trump, Soros und China: Westliche Arroganz vom Feinsten

Holger Zschäpitz, Leitender Wirtschaftsredakteur bei welt.de, analysiert George Soros‘ Rede beim Weltwirtschaftsforum in Davos.

Um die Reizworte „Trump“ und „China“ kommt er dabei genauso wenig herum wie um die typisch deutsche Arroganz und Besserwisserei.

„Xi Jinping ist der größte Feind der offenen Gesellschaft“, sagte Soros. China sei zwar nicht das einzige autoritäre System in der Welt. Doch die Kombination aus relativem Wohlstand und technologischem Fortschritt mache das Regime zu einer großen Gefahr für die westliche Welt. Offene Gesellschaften seien einer „tödlichen Gefahr“ ausgesetzt, wenn maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz als Kontrollinstrumente genutzt würden, mahnte der ungarisch-stämmige 88-Jährige.

George Soros behauptet, dass Chinas Wohlstand und technologischer Fortschritt eine Gefahr für die westliche Welt sei. Ein erklärungsbedürftiger Zusammenhang, denn es ist nicht offensichtlich, inwiefern ein autoritäres System in einem Land andere Länder negativ beeinflussen sollte.

Es ist auch nicht klar, warum die Nutzung von maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz als Kontrollinstrumente in China negative Auswirkungen auf die westliche Welt haben sollte.

Die DDR war ebenfalls ein autoritärer Staat. Welchen negativen Einfluss hatte das auf (West-)Deutschland? Welche (nicht-militärische) Gefahr ging von der DDR für Deutschland aus?

Das Problem um das sich George Soros hier herumdrückt ist, dass er eben nicht meint, dass autoritäre Staaten andere Staaten bedrohen. Er meint, dass die Auswirkungen, also die Ergebnisse unterschiedlicher Gesellschaften verglichen werden.

George Soros hat Angst, dass sich das chinesische System in mancher Hinsicht als besser herausstellt als das westliche. Er drückt sich nur um diese Aussage herum.

Die Menschen in der DDR wollten flüchten, weil das Leben in der DDR für die meisten Menschen schlechter war als das Leben in Deutschland.

Unabhängig von den eingesetzten technologischen Methoden und der Rücksichtslosigkeit der chinesischen Autoritäten – welche Gefahr würde denn von China auf die westlichen Systeme ausgehen, wenn die Menschen im Grunde nur aus diesem Land flüchten wollen?

Die meisten Chinesen wollen nicht flüchten.

So erntete Fang Xinghai, Vizepräsident der chinesischen Börsenaufsicht zahlreiche Lacher, als er frank und frei bekannte, dass westliche Demokratien nicht besonders effektiv funktionierten und er dem Westen politische Reformen nach dem Vorbild von China vorschlug.

Es ist natürlich einfach, darüber zu lachen, weil man im Westen unter dem chinesischen System vor allem Diktatur, Unfreiheit und Kontrolle versteht.

Aber da redet ja nicht ein Mitarbeiter der Zensurbehörde oder ein Lagerkommandant. Da redet der Chef der chinesischen Börsenaufsicht. Wenn der das sagt, meint er nicht Diktatur, Unfreiheit und Kontrolle, sondern Kapitalismus und Marktwirtschaft.

Die Chinesen sind da mittlerweile weiter als wir. Selbstverständlich sind wir ineffizient und die Chinesen sind es weniger. Selbstverständlich wird Leistung in China anerkannt und belohnt und bei uns werden Leistungsträger als „Reiche“ verachtet und ausgeplündert.

Selbstverständlich treffen die Chinesen manche politischen Entscheidungen rationaler als wir. Und selbstverständlich halten Chinesen Fleiß, Strebsamkeit und naturwissenschaftliche Bildung für Tugenden, während bei uns zunehmend Pseudo-Moral und Emotionen für die Haupttugenden gehalten werden.

Wir belächeln das, was Fang Xinghai sagt, aber das macht seine Kritik nicht falsch oder schlecht. Nicht zuzuhören und den Mann zu verspotten ist nichts anderes als westliche Arroganz.

Soros sieht im System China durchaus eine Gefahr für eine freie Gesellschaft. Vor allem mit dem chinesischen Vorhaben eines sozialen Kreditpunktesystems ging der Milliardär hart ins Gericht. Menschen würden darin von Algorithmen danach bewertet, ob sie eine Gefahr für den Staat seien.

Und wieder: Wo ist der Zusammenhang? Inwiefern gefährdet das chinesische Sozialkreditsystem in China die freie Gesellschaft im Westen?

Es ist immer das gleiche. Wir – also die meisten von uns – sind einfach nicht offen und ehrlich. Das chinesische Sozialkreditsystem gibt es doch nicht nur, um den Staat und die Vorherrschaft der Partei zu schützen.

Das ist sicher der Hauptzweck, aber das Sozialkreditsystem dient auch anderen Zielen:

Angestrebt wird damit die Steigerung der „Aufrichtigkeit in Regierungsangelegenheiten“ […], der „kommerziellen Integrität“ […], der „sozialen Integrität“ […] und der „gerichtlichen Glaubwürdigkeit“.

Das macht die Mittel, die die chinesische Regierung einsetzt, nicht legitimer – die Motive können aber legitim und geeignet sein, sich positiv auf das Leben der Menschen auszuwirken.

Die Maßstäbe, nach denen Menschen das System in dem sie leben bewerten, sind vielfältig. Persönliche Freiheit und Demokratie gehören ebenso dazu wie wirtschaftlicher Wohlstand und Sicherheit.

Die arrogante westliche Annahme, dass Demokratie alle anderen Werte überschattet, ist durch nichts belegt. Im Gegenteil: Deutsche Auswanderer haben in anderen Ländern kein Wahlrecht, damit sind sie von der demokratischen Teilhabe ausgeschlossen. Trotzdem wandern sie aus. Andere Werte überwiegen.

Der Punkt ist doch, dass George Soros hier die Sorge formuliert, dass das chinesische Modell trotz aller persönlichen Einschränkungen und seiner totalitären Durchsetzung letztlich von den Menschen als in Summe für besser befunden wird als das heute real existierende westliche Modell.

Ganz drastisch formuliert: Das System, in dem 60-jährige anal vergewaltigt werden ist, in dieser Hinsicht, dem chinesischen Modell unterlegen – falls es solche Verbrechen verhindert, statt sie nur im Nachhinein zu verfolgen.

Mich stört die Einstellung, die George Soros hier an den Tag legt: Er versteht die chinesische Konkurrenz nicht als Ansporn oder einen Wettbewerb, die Dinge im Westen zu verbessern, ohne die Freiheit der Bürger derartig einzuschränken wie das in China der Fall ist.

Soros will das chinesische Modell bekämpfen. Er will verhindern, dass man abwägen kann, dass man vergleichen kann, dass man wählen kann. Er scheint nicht davon auszugehen, dass die Menschen sich freiwillig für das westliche Modell entscheiden würden.

Damit offenbart George Soros, dass er selbst gar nicht an die Überlegenheit des heute existierenden westlichen Systems glaubt. Er scheint davon auszugehen, dass das chinesische System, trotz aller Nachteile, in Summe attraktiver für die Menschen ist.

Und es ist ja auch etwas dran: Im real existierenden westlichen System wird die persönliche Freiheit immer weiter eingeschränkt. Überwachungskameras, Einlasskontrollen bei öffentlichen Veranstaltungen, die betriebene Abschaffung des Bargelds oder biometrische Ausweise: Das freiheitliche westliche Modell ist auch im Westen auf dem Rückzug – aber ohne dass Sicherheit, Ruhe und Ordnung in dem Maße geboten werden wie in China.

Die eigentliche Krux ist doch: Das westliche Modell müsste attraktiver für die darin lebenden Menschen werden. Der Wohlstand müsste weiter vergrößert, die Situation und die Chancen für Leistungsträger verbessert werden.

Denn: Im Zweifel sind es die qualifizierten Leistungsträger, die mit ihren Füßen abstimmen und damit den Untergang eines Landes einläuten. Die DDR hat die Mauer nicht wegen der Fluchtbewegung der Rentner gebaut, sondern um die Flucht von „vor allem gut ausgebildete[n] junge Arbeiter[n] und Akademiker[n]“ zu verhindern.

Das westliche System muss so gut werden, dass die allermeisten hier studierenden chinesischen Studenten (die beide Systeme kenngelernt haben) hier bleiben wollen. George Soros scheint nicht zu glauben, dass das möglich ist.

8 Kommentare zu „Trump, Soros und China: Westliche Arroganz vom Feinsten“

  1. Herr Soros, seines Zeichens Multimilliardär und Förderer diverser selbstloser Zwecke, befürchtet also eine Einflussnahme der bösen Chinesen.
    Herrn Soros´ Open Society Fund wird exakt dasselbe vorgeworfen. Und zwar so Dolle, das er aus seinem Heimatland Ungarn wegen politischer Einflussnahme verbannt wurde. Der ungarischen Regierung hat es nicht so gefallen, dass Herr Soros mit der Central European University die Genderideologie lehrte, welche sich politische Einflussnahme nun sehr deutlich auf die Fahnen geschrieben hat.

    Ich glaube, Herr Soros fürchtet sich nur vor der Konkurrenz.

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  2. „Die DDR war ebenfalls ein autoritärer Staat. Welchen negativen Einfluss hatte das auf (West-)Deutschland? Welche (nicht-militärische) Gefahr ging von der DDR für Deutschland aus?“

    Och komm, sieh Dich um, wir haben Euch geownt.

    gez.
    Erich Mielke

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  3. Soros ist ja nach eigenen Angaben in seiner bewussten Kindheit schon als Charakterschwein aufgewachsen (hat mit den Nazis in Ungarn die Juden gepluendert). Das hat sich in seinem weiteren Leben fortgesetzt. Der hat nie etwas physisch aufgebaut oder der Menschheit neue Erkenntnisse gebracht, sondern immer nur spekuliert. Er behauptet immer, wenn er die Bank x, das Land x, nicht in den Ruin getrieben haette, haetten das eben andere gemacht. Das ist schon deswegen falsch, weil praktisch alle anderen bei weitem nicht so viel Marktmacht haben, um das Finanzsystem zu manipulieren. Fuer einen Spekulanten sind schnelle Aenderungen immer gut, wenn er sie u.a. durch Mit-Initiation zeitlich voraussehen kann. Deshalb sind alle seine Hilfsorganisationen so angelegt, dass sie disruptiv auf ein Land, einen Markt, wirken.

    China geht massiv gegen solche Soros-Typen im eigenen Land vor. Das „social credit“ System ist auch ein Teil davon, die grassierende Korruption auszumerzen. Die Kulturrevolutionaere, die nie etwas gelernt haben, schlagen sich dennoch weiterhin auf den unteren Buerokratieebenen mit ihrem Bakschisch durch. Sobald die derart Korrupten ihr Geld ausgeben, fliegt die Sache aber auf. Einer der 500 EUR pro Monat in Staatsdiensten verdient und sich einen Audi kauft landet jetzt eher mal vor einem Erschiessungskommando. Die vielen ehrlich und produktiv arbeitenden Chinesen finden das im Prinzip gar nicht mal so schlecht.

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    1. Das Fundamentalproblem von Soros, dass er auf die chinesischen Märkte nicht so einen Einfluss üben kann. Wie du schriebst, er nutzt seine zahlreichen NGOs um eine Disruption in den Märkten auszulösen gegen die er gehedgt hat.
      Aktuelles Beispiel diese Kinder die am Freitag „streiken“. Alles inszeniert. Die Vorturnerin war/ist bei One. Wo auch Soros spendet, aber auch die anderen großen Foundations.

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