Auch ältere Frauen können die Feministin in sich entdecken

1994 brachte Lucilectric das Lied „Mädchen“ heraus. Spiegel.de berichtet über ein Interview mit der Sängerin.

„Und da lehn‘ ich mich zurück und lass dem Mann den ersten Schritt. Mir geht’s so gut, weil ich ’n Mädchen bin, weil ich ’n Mädchen bin. Komm doch mal rüber Mann und setz dich zu mir hin, weil ich ’n Mädchen bin, weil ich ’n Mädchen bin.“

Interessant ist, welchen Teil spiegel.de aus dem Lied zitiert: Eine Stelle, in der das Mädchen sich eher passiv verhält und dem starken Mann vertraut.

Auf die Frage der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, ob der Text nicht ein antiquiertes Frauenbild transportiere, weil darin ein Mädchen von einem Mann angesprochen werden wolle und nicht selbst aktiv werde, sagte sie: „Aus heutiger Sicht ist das so.“

Nur diesen Aspekt des Liedes herauszugreifen und ihn zum Problem zu erklären verrät die Geisteshaltung, die hier am Werke ist: Feminismus. Ich helfe mal mit ein paar weiteren Stellen des Textes nach:

Was’n das für ’n wundervoller Hintern
der da neben an ’nem Tresen steht
und der Typ der da am Hintern noch mit dran ist

Wie? Was?

Mit vertauschten Rollen von Frau und Mann ist das im Zeitalter von MeToo übergriffig. Jemanden einfach so auf den Hintern zu reduzieren? Geht das denn? Ist das nicht Sexismus?

Da Luci van Org aber auf der richtigen Seite steht und in den feministischen Zeitgeist passt, kann sie sich darauf verlassen, dass ihr Text nur dort zitiert wird wo es ins Konzept passt.

Sexismus gegen Männer ist für spiegel.de verzeihlich.

Und der Hintern kauft mir viele schöne Sachen
und dann lädt er mich zum Essen ein
klar lass ich mich auch ganz ohne Kohle küssen
doch wenn der meint das muss so sein sag ich nicht nein

Man könnte auch diesen Teil des Liedes problematisch finden. Eine Frau, die ihre Sexualität nutzt um Männer zu manipulieren.

Damals seien Text und Botschaft total weit vorn gewesen. „Es ist ein Zeitphänomen, und es ist fast ein Vierteljahrhundert her“, sagte van Org der Zeitung.

Seinen Körper für lächerliche Vorteile einsetzen – wirklich „total weit vorn„.

Luci van Org redet sich die Welt schön, denn das Lied sagt viel mehr über sie selbst aus als über die Zeit: Damals war die Sängerin Anfang 20.

Wahrscheinlich war es für sie genau so, wie sie es besungen hat: Sie genoss die Vorteile einer jungen, sexuell offenen Frau.

Manchmal, wenn Frauen alt und unattraktiv werden und sich die Vorteile verlieren, entdecken sie ihre feministische Seite und deuten ihre Vergangenheit um.

„Dass eine Frau solche Sachen ausspricht, dass sie ein Recht auf ein eigenes Sexualleben hat, dass sie sich ihre Partner selbst aussucht, dass sie daran auch noch Spaß hat – das war damals eine Sensation.“

Was habe ich gelacht. Die große Befreierin! Tränen hatte ich in den Augen!

Das waren die 90er Luci, nicht die 60er, als eingebildete Revoluzzerin kamst du 30 Jahre zu spät!

Luci van Org schreibt sich hier die die Geschichte um.

Ich mutmaße: Sie zog so lange wie möglich Vorteile aus ihrer Jugend und ihrer Sexualität. Sobald sich diese Eigenschaften verflüchtigt haben deutet sie ihre Vorteilsnahme in Rebellion um und versucht, Vorteile aus einer Opferrolle zu ziehen.

Sie selbst habe damals ihre eigene Strategie gehabt, um mit dem plötzlichen Starrummel umzugehen, als „Mädchen“ im Jahr 1994 ein Hit wurde: „Ich habe intuitiv gegengesteuert, mir die Haare abgeschnitten, mich als bisexuell geoutet, angefangen, mich danebenzubenehmen, alles, was ging“, sagt van Org der „NOZ“. Das habe funktioniert.

Hahahhahahaha. „Strategie“.

Ein echtes Genie!

Seither sei die Gleichberechtigung jedoch kaum weitergekommen, meint van Org, die als Produzentin, Autorin und Sängerin in ihrer Heimatstadt Berlin arbeitet: „Wenn ich mit einem männlichen Kollegen einen dienstlichen Termin wahrnehme, spricht man erst mal nur mit ihm, weil alle denken, er sei mein Chef. Das macht mich unglaublich wütend.“

Und das in dieser progressiven Stadt in dieser progressiven Szene. Das scheinen ja alles Sexisten zu sein. Vielleicht sollte sie in eine andere Branche wechseln.

Und es werde aktuell sogar eher wieder schlimmer, meint die Musikerin. „Das frustriert mich. Ich bin jetzt bald 50.“

Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, sie verliert aufgrund ihres Alters immer mehr weibliche Privilegien. Die anderen behandeln sie jetzt immer mehr wie jeden anderen auch, mit dem sie nicht ins Bett wollen.

Sie hat sich nur noch nicht daran gewöhnt.

Mittlerweile reagiere sie auf solche Situationen „mit aller Härte“, wie sie sagt: „Wenn mir heute in guter, alter Manier ein Mann ein Mischpult erklärt, erzähle ich ihm anschließend, wie viele ich von den Geräten zu Hause habe und wie viele Platten ich schon produziert habe.“

Sie hat so unglaublich viele Platten produziert, aber trotzdem erkennen sie die Leute nicht und erklären ihr die Technik. Und das in ihrer Stadt und in ihrer Szene.

Man kann sich drüber aufregen, dass Männer ihr freundlich die Technik erklären. Es hilft ihr aber sicher nicht, wenn sie – typisch Feministin – nur verbrannte Erde hinterlässt.

Die Frage ist ja, ob die das bei Männern auch so machen. Keiner weiß es.

Fazit

Luci van Org scheint eine mäßig erfolgreiche Künstlerin mit einem erfolgreichen Hit zu sein, für den Google sie nicht allein als Songwriter auflistet. Heute erkennt man sie nicht einmal in ihrer Branche in ihrer Stadt.

Spiegel.de glänzt durch selektive Wahrnehmung des Liedtextes und ermöglicht es Luci van Org sich zur Befreierin der Frau hochzustilisieren.

Alles wie erwartet.

3 Kommentare zu „Auch ältere Frauen können die Feministin in sich entdecken“

  1. hm. Ein kleines Mädchen schreibt ein „lustiges“ Liedchen mit wenig Inhalt und eingängiger Melodie. Feminismus mag an sich gut und richtig sein, aber hier würde ich ihn gerne davor schützen, in einem solchen Kontext überhaupt beansprucht und ermüdet zu werden. Wie so oft.

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  2. Ja, in den 90ern gab es einen kurzen Aufschwung in der selbstbestimmten und auch gewollten Sexualität der Frauen. Kann mich gut daran erinnern. Dann wurden sowohl Männer wie Frauen mit diversen „Hilfsmittel“ an die kurze Kandare genommen. Mädchen mutierten plötzlich zu Schlampen, (Huren?) und Männer zu übergriffigen Lustmolchen, vor denen man kleine Kinder schützen muss. Begleitet wurde diese neue Doppelmoral von Flutenden mit Pornos aller Art, (auch widerlichsten) und gleichzeitig von der Sprachpolizei der Political Correctness. Alles aus Amerika herüber geschwappt. So wurden Mann und Frau, Sex, Liebe und Erotik, Freude und Freundschaften sehr schnell auseinander-dividiert, vermarktet und in den Eimer getreten. Plötzlich war nur noch „den eigenen Body optimieren“, Arbeit bis zum Umfallen, „workouts“ Jogging und Digitalisierung angesagt. Der Wechsel erfolgte in gefühlten 2 Jahren. Alles ist „Plastik“ geworden. Steril, clean. Glaube nicht, dass dies allein dem Feminismus oder gar älteren Frauen anzulasten ist. Es ist Mainstream, stupid. Langweilig sowieso. Auch für ältere Frauen.

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