Bestrafe einen, erziehe Hunderte

Die Frankfurter Rundschau berichtete vor kurzem über den Trick im „extrem rechten Lager“, den Leuten etwas über Sprechtabus vorzulügen. Repräsentanten „demokratischer Organisationen“ sollten sich „solche Tricks verkneifen“.

Im extrem rechten Lager wird den Leuten vorgelogen, über bestimmte Dinge dürfe nicht geredet werden. Aber der Repräsentant einer demokratischen Organisation wie des Städtetags sollte sich solche Tricks verkneifen.

Das bedeutet nichts anderes als:

  1. Es ist rechtsextrem, über politisch-korrekte Sprechtabus zu reden.

  2. Über Sprechtabus zu reden, sollte mit einem Sprechtabu belegt werden.

Was Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, gesagt hat, war: „Was mich so ein bisschen stutzig macht in der Debatte, ist, dass es gar nicht besprochen werden soll.“

Dieser Satz ließ FR-Autor Stephan Hebel „erschrocken aufhorchen“.

Dedy spricht sicher aus Erfahrung. Der Deutsche Städtetag vertritt aktiv die kommunale Selbstverwaltung. Er nimmt die Interessen der Städte gegenüber Bundesregierung, Bundestag, Bundesrat, Europäischer Union und zahlreichen Organisationen wahr.

Aber das spielt für Stephan Hebel keine Rolle, denn Dedys Aussage wird von ihm als rechtsextrem eingeordnet. Und weil sie rechtsextrem ist, sollte so etwas nicht gesagt werden. Wer es trotzdem sagt, stellt sich folgerichtig in die rechte Ecke.

Hebel bietet keine Sachargumente auf, er vermeidet eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Aussage Dedys. Gibt es in Behörden, Parteien und bei der Presse vielleicht tatsächlich die Absicht, bestimmte Probleme nicht anzusprechen? Wird das gerne totgeschwiegen und nur berichtet, wenn es nicht anders geht? Wir wissen es nicht, und Hebel beantwortet diese Fragen nicht, ja er stellt sie nicht einmal.

Dabei ist diese Aussage keineswegs rechtsextrem. Sie wird auch nicht nur von Rechtsextremen getroffen, sondern – der Artikel zeigt es ja – von ganz normalen Menschen, die überhaupt keine politische Partei oder Richtung vertreten, von Funktionsträgern die ihren Job machen, im Kleinen wie im Großen. Die Aussage ist nicht einmal „rechts“.

Und natürlich wird niemand juristisch belangt, der von Sprechverboten redet. Aber ist es nicht ebenso schlimm, öffentlich als Rechtsextremer denunziert zu werden? Für viele bedeutet das das Ende der beruflichen oder politischen Karriere, gesellschaftliche Ächtung und Ausschluss aus dem öffentlichen Diskurs.

So stellt Hebel Menschen wie Dedy, die ein Sprechtabu ansprechen, 1. als rechtsextrem hin und 2. macht sie mit diesem Argument mundtot und erzieht 3. andere, den Mund zu halten.

Wer sich nicht an Sprechtabus hält, wird nicht nur mundtot gemacht – er wird aktiv ausgegrenzt und wirtschaftlich geschädigt.

Wie das geht, zeigt das Beispiel des Malers Axel Krause.

An die Öffentlichkeit trat Krause aber noch unter anderem als einer der Erstunterzeichner jener Charta 2017, die die Dresdener Buchhändlerin Susanne Dagen nach Auseinandersetzungen zwischen rechten und linken Gruppen auf der Frankfurter Buchmesse initiiert hatte. Darin wird unter anderem vor einer „Gesinnungsdiktatur“ gewarnt. Auch auf seinem Facebook-Account präsentiert sich der 59-Jährige staatskritisch. Unter anderem schreibt er über „illegale Massenmigration“ nach Deutschland, die „dringend unterbunden“ werden müsste. Für seinen Galeristen, aber möglicherweise auch dessen andere Künstler wurden diese Äußerungen scheinbar zu einem Problem.

Wie man mit einem solchen Problem eines staatskritischen Malers umgeht, führt Galerist Christian Seyde vor.

Gegenüber „MDR Kultur“ erklärt Seyde, warum er die Zusammenarbeit beendet hat: Die Galerie wolle Krauses politische Ansichten weder teilen, noch mittragen, wörtlich: „Und das macht man im Prinzip, wenn man ihm eine Präsentierfläche gibt.“ Seyde weist zudem darauf hin, dass er keine öffentliche Institution oder ein Museum sei, sondern eine kommerziell geführte Galerie. „Ich muss nicht jede Meinung abbilden, die innerhalb der Gesellschaft existiert“, zitiert ihn die englischsprachige Seite „Artnet“.

Krauses Fehler war es, seine Meinung öffentlich kundzutun. Das kommt davon, wenn man in Deutschland geltende Sprechtabus nicht beachtet. Nicht die Kunst ist problematisch, sondern die Meinung des Künstlers. Der Kunst wird die Präsentationsfläche entzogen, um den Künstler zu treffen.

Axel Krause selbst nimmt gegenüber MDR Kultur folgendermaßen Stellung: „Ich habe eine Partei gewählt, die im deutschen Bundestag sitzt. Übrigens bin ich da in der Mehrheit der Sachsen. Und dafür nun praktisch mit Ausgrenzung belegt zu werden – das ist eine ziemlich problematische Angelegenheit.“

Hätte er mal besser seinen Mund gehalten und nur heimlich der AfD seine Stimme gegeben.

Andere werden diese Botschaft verstehen und in Zukunft den Mund halten: Bestrafe einen, erziehe Hunderte.

Auf seinem Facebook-Account wird er am 14. August deutlicher: „Ich halte die illegale Masseneinwanderung für einen großen Fehler und die AfD für ein zu begrüßendes Korrektiv im maroden Politbetrieb. Das scheint ausreichend für ein Ende nach 14 Jahren des Miteinanders.“ Mit ihm habe niemand gesprochen, aber offenbar sei der Druck von „Sammlern und Künstlerkollegen, denen meine Meinung nicht gefällt“, zu groß geworden. Von der Website der Galerie ist Krause, für den nach eigenen Angaben eine Retrospektive anlässlich seines bevorstehenden 60. Geburtstags geplant war, bereits verschwunden.

Die Denunzianten haben gewonnen. Zurück zu Stephan Hebel von der Frankfurter Rundschau.

Man behauptet, über bestimmte Dinge dürfe nicht geredet werden, während man ausführlichst  die Dinge bespricht, über die angeblich nicht geredet werden darf.

Die extreme Rechte benutzt diesen Trick, um sich als Opfer einer angeblich vorherrschenden und verfehlten „political correctness“ zu stilisieren…

Das ist einfach nur zynisch.

Das Fall Axel Krause zeigt deutlich: Man muss sich genau überlegen, was man öffentlich sagt.

Wer von der vorherrschenden Meinung abweicht benötigt zwei Gesichter: Ein privates und ein öffentliches. So muss es in der DDR gewesen sein.

4 Kommentare zu „Bestrafe einen, erziehe Hunderte“

  1. So war es in der DDR. Lässt sich nicht abstreiten, auch wenn einige Apologeten der Linken heute gegenteiliges behaupten.

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  2. Ich habe meine beiden Gesichert auch nach Ende der DDR behalten. Allerdings hat das private Gesicht auch die Öffenbtlichkeit sehen dürfen – bis so vor knapp 15 Jahren.

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