Jammerfrau Antje Schrupp: Niemand sollte für sein Privatleben selbst verantwortlich sein

Antje Schrupp widmet sich bei Zeit-Online dem Thema Work-Life-Balance:

Wer bekommt über Weihnachten frei? Wer muss einspringen, wenn jemand ein krankes Kind hat? Es kann nicht sein, dass Singles den Balanceakt von Familien mittragen müssen.

Mir ist nicht klar, was das mit Work-Life-Balance zu tun hat. Aus meiner Sicht gar nichts.

Aber ich gebe Antje Schrupp Recht: Über ein normales Maß an gegenseitiger Rücksichtnahme und Unterstützung hinaus kann niemand in der professionellen Umgebung eines Arbeitsplatzes erwarten, dass andere einem den Rücken für Privates freihalten.

Meine Physiotherapeutin ist zwar keine Feministin, aber ich hätte auch nicht gedacht, dass sie Frauen diskriminieren würde. Bis sie mir neulich eröffnete, in ihrer Praxis nie wieder junge Frauen einstellen zu wollen. Die würden einfach zu oft schwanger.

Genau genommen möchte die Physiotherapeutin nicht Frauen diskriminieren, sondern junge Frauen. Und das aus nachvollziehbaren Gründen, wie Antje Schrupp einräumt:

Denn ich musste zugeben, dass der Ausbruch nicht unbegründet war. Zum dritten Mal innerhalb von wenigen Jahren hatte sich an jenem Tag eine ihrer Angestellten in Mutterschaftsurlaub und Elternzeit verabschiedet.

Antje Schrupps betriebswirtschaftliche Expertise wird danach deutlich:

Bei einem Kleinbetrieb ist das statistisch sehr erheblich.

Die Auswirkungen  von Mutterschaftsurlaub und Elternzeit auf ein Unternehmen haben nichts mit der Firmengröße zu tun, sondern nur etwas mit dem Anteil der Mitarbeiter, die Mutterschaftsurlaub und Elternzeit nehmen.

Einfachste Zusammenhänge. Unergründlich für eine Feministin.

Mutterschaftsurlaub und Elternzeit von eingearbeiteten Mitarbeitern sind auch für größere Unternehmen ein (Kosten-)Faktor.

Eine andere Patientin mischte sich ins Gespräch ein. Man dürfe sow as [sic!] ja gar nicht laut sagen, und sie wolle auch solidarisch mit jungen berufstätigen Mütternsein. Aber als ältere, lesbische, kinderlose Frau sei sie von dem dauernden „Kinderthema“ bei der Arbeit inzwischen regelrecht genervt. Ständig müsse sie die Feuerwehr spielen. Was auch immer ihre eigenen Pläne für freie Tage und Wochenenden seien – nie wären sie so wichtig und unaufschiebbar wie die Bedürfnisse der kranken Kinder ihrer Kolleginnen.

Zunächst erschien mir dieser abrupte Themenwechsel von Mutterschaftsurlaub und Elternzeit hin zur Übernahme von Diensten am Wochenende unverständlich.

Sicher möchte sich Antje Schrupp nicht mit real existierenden Problemen von Unternehmern durch private Entscheidungen von Mitarbeitern auseinandersetzen – das scheint nicht in ihr Weltbild zu passen.

Der wirkliche Grund für den Themenwechsel dürfte aber sein: Sie möchte als nächstes die mangelnde Vereinbarkeit von Beruf und Kindern an den Pranger stellen und da eignen sich die familienpolitischen Instrumente Mutterschaftsurlaub und Elternzeit nicht.

Schließlich stehen sie einerseits für erfolgreiche Instrumente, weil sie häufig durch Frauen in Anspruch genommen werden.

Andererseits belegt Antje Schrupp durch ihr Beispiel selbst, dass genau diese erfolgreichen Instrumente gerade nicht die Vereinbarkeit von Beruf und Kindern fördern.

Im Gegenteil: Durch den Ausgleich des finanziellen Verlustes ermöglichen Mutterschaftsurlaub und Elternzeit überhaupt erst das lange Aussetzen von der Arbeit und das macht Frauen nicht unbedingt zu wertvolleren Mitarbeitern.

Viele Frauen entsprechen nicht dem Idealbild der karrierebewussten Frau, von der Feministinnen träumen.

Antje Schrupp muss von ihrem Beispiel Mutterschaftsurlaub und Elternzeit weg, weil es zeigt, dass diese Annahme nicht korrekt ist. Sehr viele Frauen entscheiden sich – wenn man es ihnen ermöglicht – zumindest zeitweise für die Familie und gegen den Beruf.

Würde sie es wirklich ernst meinen, würde Antje Schrupp für die Abschaffung des Elterngeldes plädieren. Das Beispiel Spanien zeigt, dass das Fehlen dieses Instruments zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie bei Frauen führt:

Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass 65% aller spanischen Frauen im Schnitt drei Monate nach der Geburt schon wieder anfangen zur arbeiten.

In Deutschland werden hingegen 91 Prozent der Frauen für 12 Monate (Seite 4) oder länger deaktiviert. Alleinerziehende können sogar die zwei Partnermonate zusätzlich selbst als Elterngeld nehmen. Dadurch werden sie für Arbeitgeber noch unattraktiver.

Antje Schrupps folgende Forderung nach Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist also geheuchelt:

Mir scheint, hier liegt ein wunder Punkt. Wir müssen reden: Wie steht es wirklich um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Deutschland?

Es wird deutlich, dass ein Aspekt in der Betrachtung fehlt: Mutterschaftsurlaub und Elternzeit sind sehr erfolgreich. Für Arbeitnehmer.

Mutterschaftsurlaub und Elternzeit verkleinern den Verdienstausfall und unterstützen damit die private Entscheidung, ein Jahr nach der Geburt des Kindes nicht zu arbeiten.

Für Arbeitgeber hingegen gibt es keinen Nutzen. Die Zahlung von Mutterschaftsgeld muss verwaltet werden, Personalakquise muss betrieben werden und der hoffentlich rechtzeitig gefundene Ersatz muss eingearbeitet werden.

Häufig kann die Ersatzstelle nur befristet ausgeschrieben werden, dann bekommt man nicht immer die besten Bewerber, weil befristete Stellen weniger attraktiv sind.

Wie passen die Lippenbekenntnisse über den „familienfreundlichen Arbeitsplatz“ zur Realität?

Hat Antje Schrupps Physiotherapeutin ihre freien Stellen denn als familienfreundlich beworben?

Ist das in dem Beruf der Physiotherapeutin mit langfristig vergebenen Terminen und mit Wunschterminen möglichst früh oder möglichst spät am Tag überhaupt möglich?

Und wünschen sich die meisten Patienten nicht einen festen Therapeuten und keinen kurzfristig wegen eines kranken Kindes eingesprungenen Ersatz?

Antje Schrupps selbst gewähltes Eingangsbeispiel zeigt schon, wie schwierig Familienfreundlichkeit in vielen Berufen ist. Auf diese Realität geht sie aber nicht ein.

Vor hundert Jahren haben sich Frauen in Europa ihre Gleichberechtigung und Emanzipation erkämpft. Von heute aus gesehen erscheint es unfassbar, wie viele Gegner (und übrigens auch Gegnerinnen) sie dabei hatten.

Wieder wechselt Antje Schrupp unbeholfen das Thema. Diesmal bewegt sie sich aufs große politische Parkett. Typisch für eine Feministin ist, dass sie nur eine sehr eingeschränkte Sicht auf die Dinge hat.

Als die Demokratie in Deutschland Einzug hielt, erhielten Männer und Frauen gleichzeitig passives und aktives Wahlrecht. Frauen hatten zwar vorher kein Wahlrecht, es handelte sich aber noch nicht um eine Demokratie, die Benachteiligung war also begrenzt.

Wenn Antje Schrupp schreibt, die Frauen hätten sich „ihre Gleichberechtigung und Emanzipation erkämpft„, dann würde mich interessieren wo diese Kämpfe stattgefunden haben und welche Opfer sie gekostet haben.

Beim Wahlrecht könnte man beispielsweise auch einfach sagen, dass es den Frauen freiwillig von den Männern eingeräumt wurde.

Denn es gibt ja wohl keinen vernünftigen Grund, die Hälfte der Bevölkerung vom Wahlrecht auszuschließen. Oder?

Antje Schrupp gibt die Ahnungslose oder ist tatsächlich ahnungslos. Denn selbstverständlich gibt es vernünftige Gründe, „die Hälfte der Bevölkerung vom Wahlrecht auszuschließen“:

So galt das Militär für viele als „Sinnbild des wehrhaften Geschlechts“ und „Schule der Nation“ […]. Die Ursprünge dieser Einschätzung lagen darin, dass historisch mit der allgemeinen Wehrpflicht der Bürgerstatus verknüpft wurde. Staatsbürgerschaft und Landesverteidigung galten als zwei Seiten einer Medaille.

Zwei Seiten einer Medaille. Frauen wurde das Wahlrecht zunächst nicht eingeräumt, weil sie im Extremfall nicht die Konsequenzen ihrer Entscheidungen zu tragen hatten.

Vor diesem Hintergrund muss man die Entscheidung der Männer, Frauen das Wahlrecht einzuräumen, ohne die Wehrpflicht für Frauen einzuführen, besonders hoch schätzen. Hinzu kommt, dass durch die hohen Verluste im ersten Weltkrieg mehr wahlberechtigte Frauen als Männer lebten:

Die Gesellschaft der Weimarer Republik startete mit erheblichen, kriegsbedingten Lücken in der männlichen Bevölkerung: 2,4 Millionen gefallene Soldaten und 2,7 Millionen früh sterbende Dauerinvaliden in der Altersgruppe der 20- bis 50-Jährigen bewirkten einen entsprechenden Frauenüberschuss

Männer haben Frauen bei erheblichem Frauenüberschuss freiwillig das Wahlrecht eingeräumt. Feministinnen, die Geschlechterbeziehung immer als Machtbeziehung deuten, würden sagen: Die Männer haben die Macht freiwillig an die Frauen übergeben.

Frauen wie Antje Schrupp schätzen das heute gering.

Die modernen Gesellschaften basierten auf dem, was die britische Politikwissenschaftlerin Carole Pateman den „sexual contract“ genannt hat, den „Geschlechtervertrag“. Er hatte die ganze Welt in zwei Sphären aufgeteilt, eine öffentliche und eine private: Markt und Haushalt, Politik und Familie. Männer und Frauen.

Diese Schwarz-Weiß-Sichtweise ist typisch für eine Feministin wie Carole Pateman.

Die Trennung der Sphären wird nicht durch eine höhere Macht künstlich erzeugt. Arbeitgeber fragen Arbeitskraft nach und kümmern sich nicht um die privaten Verhältnisse der Arbeitskräfte.

Häufig tun sich Menschen zu Familien zusammen und teilen sich die Aufgaben, deren Aufteilung in jeder Familie individuell ausgehandelt wird. Reale Familien waren und sind dabei nicht so trennscharf in ihrer Aufteilung, wie sich das feministische Theoretiker gern einbilden.

Wenn also die Frauen diesen Geschlechtervertrag aufkündigen – und genau das haben sie mit der Emanzipation getan – bricht diese ganze Balance zusammen.

Das gilt für die Arbeitsteilung in der Familie. Viele Frauen, nicht alle (die Feministin bildet sich ein für alle Frauen zu sprechen), möchten eine andere Arbeitsteilung in Haushalt und Familie. Diese Entwicklung, das ist nachgewiesen, macht Frauen unzufrieden.

Die Sicht der Arbeitgeber ist hingegen gleich geblieben: Sie wollen eine Arbeitskraft und deren persönlicher Hintergrund ist nur insoweit für sie relevant, dass das Privatleben dem Berufsleben nicht in die Quere kommt.

Wer kümmert sich dann um das, was früher zur „weiblichen“ Sphäre gehörte? Wer macht die Arbeit der „Hausfrauen“, wenn es keine Hausfrauen mehr gibt? Und unter welchen Bedingungen?

Diese Fragen sind noch immer nicht geklärt.

Doch, diese Fragen sind geklärt. Die Antwort auf diese Fragen ist dieselbe wie schon immer. Jeder kümmert sich selbst darum und ist für sich selbst verantwortlich.

Manchmal gründen Menschen noch immer eine Familie und klären ihre Arbeitsteilung unter sich. So war das schon immer, denn die „Hausfrauen“ früherer Tage haben sich ja auch nur um die „Arbeit der Hausfrauen“ in ihrem eigenen Heim gekümmert und nicht bei anderen Menschen oder in der gesamten Gesellschaft.

Aber auch die Konflikte in Teams und am Arbeitsplatz darüber, wer über Weihnachten frei bekommt und wer einspringen muss, wenn jemand aus dem Team kranke Kinder hat, gehen auf dieses Grundproblem zurück: In der Logik der „getrennten Sphären“ sind Beruf und Familie nun einmal nicht vereinbar. Der Tag hat nur 24 Stunden.

Antje Schrupp ist der Meinung, dass die „Konflikte in Teams und am Arbeitsplatz“ über die Rücksichtnahme auf Menschen mit Kindern auf die „Logik der getrennten Sphären“ zurückzuführen ist.

Das ist ein Denkfehler: Der „Geschlechtervertrag“, den Antje Schrupp oben eingeführt hat, bezog sich ja auf die Sicht und Arbeitsteilung der Familien.

Nicht der Arbeitgeber.

Die Sphären Beruf und Familie sind und waren schon immer getrennt, schließlich bezieht sich der Arbeitsvertrag nur auf die eine Sphäre und die ausgehandelte Arbeitsteilung der Familie nur auf die andere Sphäre.

Die von Antje Schrupp angesprochenen Konflikte gehen also nicht auf eine „Logik“ einer höheren Macht zurück, sondern auf voneinander unabhängige Vertragsverhältnisse.

Die „Konflikte in Teams und am Arbeitsplatz“ brechen deshalb auf, weil manche Arbeitnehmer auf die Unabhängigkeit der Vertragsverhältnisse pochen, während andere sie vermischen wollen.

Die Vermischung der Sphären Beruf und Familie ist deswegen ungerecht, weil die Kollegen keinen Einfluss auf die familiäre Sphäre der anderen haben, die Auswirkungen aber mittragen sollen.

Es ist leicht zu erkennen, dass das ungerecht ist. Leistungen erbringen zu müssen, aber nicht mitreden zu dürfen hat in der Vergangenheit Revolutionen ausgelöst: „Besteuerung ohne Vertretung ist Tyrannei“.

Bis vor wenigen Jahren achteten berufstätige Mütter penibel darauf, am Arbeitsplatz bloß keine besonderen Vergünstigungen zu beanspruchen.

Antje Schrupp wirft das unbelegt in den Ring. Ich habe andere Erfahrungen gemacht.

Heute ist das zum Glück anders.

„Zum Glück“ vermischen manche Arbeitnehmer Familie und Beruf? Obwohl klar erkennbar ist, dass das andere benachteiligt?

Junge Frauen (und zunehmend auch Männer) weigern sich, das Dilemma der „getrennten Sphären“ zu akzeptieren.

Falls dem so ist, dann ist das eine einseitige Entscheidung. Und die führt zu Konflikten, unter anderem mit den Kollegen. Antje Schrupp hat das selbst beobachtet.

Sie fordern mehr Unterstützung bei der Fürsorgearbeit und bestehen darauf, dass Kinderhaben und anspruchsvolle Berufstätigkeit, auch in Führungspositionen, sich nicht gegenseitig ausschließen dürfen. Das ist großartig.

Antje Schrupp hat selbst das Beispiel Physiotherapeutin angeführt. Nicht einmal in diesem Beruf lassen sich Kinder und Beruf gut miteinander vereinbaren. Wie soll das also für „anspruchsvolle Berufstätigkeit, auch in Führungspositionen“ funktionieren?

Die in ihrem Beispiel angeführten familienpolitischen Instrumente Mutterschaftsurlaub und Elternzeit können von den Arbeitnehmern einseitig in Anspruch genommen werden – ohne Abstimmung mit dem Arbeitgeber oder den Kollegen.

Wie finden es die Untergebenen, wenn die Person in „Führungsposition“ ein Jahr ausfällt? Wie findet es der Arbeitgeber, wenn diese Person, die er für besonders kompetent hält und die er deswegen in eine „Führungsposition“ gebracht hat, für ein Jahr ausfällt?

Ein Jahr pro Kind.

Die Lösung kann aber nicht darin liegen, die Probleme jetzt einfach auf mehr Schultern zu verteilen. Genau das passiert zurzeit leider in vielen Büros und Betrieben. Genau wie früher werden die Notwendigkeiten des „häuslichen“ Bereichs zum Privatproblem erklärt, nur eben jetzt nicht mehr allein der Eltern, sondern des ganzen Arbeitsteams.

Wie schnell die Feministin Antje Schrupp die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zum „Problem“ erklärt! Wird es nämlich konkret, kann man nicht mehr einfach Wohlfühlforderungen an Firmen, Staat oder Gesellschaft formulieren.

Nein. Konkrete Menschen müssen konkrete Dienste leisten. Auch die am Abend und die am Wochenende. Konkrete Menschen müssen zuverlässig am Arbeitsplatz erscheinen.

Gibt es hier Einschränkungen, müssen die Kollegen einspringen.

Antje Schrupp schreibt nur indirekt, dass dafür aus ihrer Sicht die Firmen verantwortlich sind, indem sie die Verantwortung auf die Teams abwälzen.

Aber was sollen Firmen denn tun? Nur Eltern einstellen, die einen anderen Elternteil im Hintergrund haben, der sich wenigstens manchmal um den Nachwuchs kümmern kann? Oder nur Eltern mit Großeltern in Hinterhand?

Oder sollen Firmen gar keine Eltern mehr einstellen, damit nicht die anderen Mitarbeiter deren mangelnde Flexibilität ausbaden müssen?

Anstelle von politischen Debatten führen wir Neiddebatten. Weil ja auch Menschen ohne (kleine) Kinder ein Privatleben haben. Auch sie wollen private Beziehungen pflegen und machen Pläne. Es ist nicht ihr Job, kurzfristig einzuspringen, wenn in den komplexen Kinderbetreuungs-Balanceakten heutiger Familien wieder mal etwas schiefgeht.

Antje Schrupp verwechselt Neiddebatten mit Gerechtigkeitsdebatten. Wenn bei gleicher Bezahlung und Leistung manche Mitarbeiter flexibler sein müssen und häufiger die unattraktiven Dienste übernehmen müssen als andere, ist das ungerecht.

Flexiblere Mitarbeiter, die häufiger die unattraktiven Dienste übernehmen sind wertvoller für den Arbeitgeber (und die Kollegen!) als die Mitarbeiter auf die das nicht zutrifft.

Und genau darin liegt auch die Lösung des Problems: Die wertvolleren Mitarbeiter müssten besser bezahlt werden und damit die weniger wertvollen Mitarbeiter schlechter. Die Debatten wären beendet.

Das klingt hart und unsozial, ist aber die Essenz die übrig bleibt, wenn man sachfremde Erwägungen außen vor lässt. Und auch die Situation vorher war ebenfalls hart und unsozial, nur eben für die flexiblen Kollegen.

Nicht die vermeintlich unflexiblen Kolleginnen sind schuld, wenn Beruf und Familie miteinander kollidieren, sondern ein Kapitalismus, der als volkswirtschaftliche Ideologie alles in den „Privatbereich“ abschiebt, was nicht unmittelbar seinen Profitinteressen dient.

Wo soll man hier anfangen? Bei den nur „vermeintlich“ unflexiblen Kolleginnen? Oder dabei, dass Antje Schrupp es schlecht findet, dass sich Arbeitgeber nicht in den Privatbereich ihrer Mitarbeiter einmischen?

Liebe Antje Schrupp, das nennt sich Freiheit, auch wenn du es „abschieben“ nennst.

Man sollte nicht vergessen: Wer die Verantwortung an andere abgibt, kann auch nicht mehr selbst bestimmen. Wer sein Privates, beispielsweise die Kinderbetreuung an seinen Arbeitgeber übergibt, liefert sich an einer weiteren Stelle seinem Arbeitgeber aus.

Es ist ein Witz, dass Antje Schrupp die Schuld beim Kapitalismus sucht, dem erfolgreichsten Wirtschaftssystem der Geschichte, welches Milliarden von Menschen nachhaltig aus der absoluten Armut geholt hat.

Auf den Gedanken, dass der Kapitalismus mit seiner Marktwirtschaft gerade deswegen so erfolgreich ist, weil er Wirtschaft nicht mit anderen sachfremden Themen vermischt, kommt Antje Schrupp nicht.

Die monopolistische staatliche Venezuelanische Erdölgesellschaft PdVSA hingegen vermischt Wirtschaft und Soziales:

2006 setzte das Unternehmen 102 Milliarden US-Dollar um. Dennoch brach der Netto-Gewinn um rund 30 Prozent ein. Mit ein Grund dafür ist das hohe Sozialbudget des Unternehmens. Es stieg laut PdVSA 2006 um 91 Prozent auf 13,3 Milliarden US-Dollar. Manch einer bezeichnet PdVSA etwas spöttisch als Charity-Unternehmen mit einer Erdölabteilung. „PdVSA baut Straßen, Schulen und Krankenhäuser, kümmert sich um Denkmalschutz, fördert Kunst, Kultur und Wissenschaft. Doch das Kerngeschäft wird vernachlässigt“

Das beschreibt die Lage im Jahr 2007. 2014 sah es schon so aus:

Die PDVSA – Eigentümerin der größten Erdölreserven der Welt – liegt danieder. An die 300 Milliarden Barrel (je 159 Liter) lagern in Venezuelas Boden, mehr als in Saudi-Arabien. Doch die PDVSA schafft es nicht, den Schatz zu heben. Ihre Ölproduktion sinkt von Jahr zu Jahr.

Der staatliche Ölkonzern mit der sozialen Agenda ist schlecht darin, Öl zu fördern. Dazu muss man wissen, dass das früher anders war:

„Die Henne der goldenen Eier“ nannten die Venezolaner früher ihren staatlichen Ölkonzern. Heute steht die goldene Gans für die Misswirtschaft der Chavistas. Seit die Linkspopulisten das einstige Paradeunternehmen kontrollieren, fällt die Ölausbeute. Kosten und Schulden steigen dramatisch. Noch zur Jahrtausendwende war „die PDVSA einer der effizientesten, finanzstärksten Konzerne“, sagt Igor Hernández, Energieökonom der Privatuni IESA. „Jetzt ist die Produktion je Mitarbeiter so niedrig wie seit 1948 nicht mehr.“

Sozialismus und eine fehlgeleitete Sozialpolitik haben ein Vorzeigeunternehmen ruiniert. Und nicht einmal für die Mitarbeiter ist es gut in dem Unternehmen mit der sozialen Ader zu arbeiten. „Nicht gut“ bedeutet in hier: Tödlich.

Mehr als 100 schwere Brände, Explosionen oder Lecks und mindestens 81 Tote haben Beobachter gezählt, seit der Staat 2002 den Konzern unter Kontrolle gebracht hat. Der Industrievereinigung OGP zufolge sind die Unglücksquoten sechsmal höher als bei den Ölfirmen der Nachbarländer. Die Sicherheit werde sträflich vernachlässigt, klagt der Gewerkschaftsführer des Unternehmens, Francisco Luna. „Alles ist verrostet, Teile werden erst ersetzt, wenn sie kaputtbrechen“

Heute kann man beobachten, dass sich die Situation seitdem nicht gebessert hat:

Inmitten der Rezession ist die Ölproduktion in dem lateinamerikanischen Land auf den tiefsten Stand seit fast 30 Jahren gefallen. Im Oktober wurden nach Regierungsangaben weniger als zwei Millionen Barrel am Tag gefördert – so wenig wie seit 1989 nicht mehr.

Wegen der Schuldenkrise des Landes ist nur wenig Geld für Instandhaltung und Reparaturen an den Förderanlagen vorhanden.

Staatliche Einmischung hat „Die Henne der goldenen Eier“ in nur zehn Jahren (!) völlig ruiniert und führt zu Todesopfern.

Solche Gedanken sind Antje Schrupp fremd. Sie gibt dem Kapitalismus die Schuld für das angebliche „abschieben“ des Privaten in das Private.

Wir brauchen eine Care-Revolution. Statt Flickschusterei in einer alten, falschen Logik zu betreiben, ist es notwendig, die Trennung der Sphären tatsächlich und systematisch aufzuheben. Wer häusliche Sorgearbeit leisten möchte, muss auch ohne Erwerbsarbeit eine gesicherte materielle Existenz haben.

Und wer Familienangehörige hat, die auf Sorgearbeit angewiesen sind (zum Beispiel kleine Kinder), muss trotzdem eine anspruchsvolle Berufstätigkeit ausüben können, weshalb eine gute öffentliche Versorgung mit professionellen und erschwinglichen Sorgeleistungen genauso unverzichtbar ist wie flexible Arbeitszeiten und das Recht auf Homeoffice.

Warum?

Warum sollten andere Menschen jemandem die materielle Existenz sichern, der „häusliche Sorgearbeit leisten möchte“?

Und wie sollte das finanziert werden? Antje Schrupps „Care-Revolution“ läuft doch auf genau das hinaus, was sie weiter oben kritisiert hatte: Finanzieren würden es die Teammitglieder, die keine Kinder haben.

Statt der unattraktiven Dienste müssten sie höhere Steuern zahlen, um Antje Schrupps Traumwelt zu finanzieren. Ob ihnen das lieber ist?

Gerechtfertigt ist die Forderung, dass Alleinstehende noch mehr zur Finanzierung von Familien beitragen sollen, jedenfalls nicht.

Wie ich oben gezeigt habe: Wird die materielle Existenz gesichert, neigen Frauen eher dazu Beruf und Familie nicht zu vereinbaren, sondern ihren Beruf aufzugeben.

Was Antje Schrupp kritisiert hat, würde sie mit ihren Forderungen weiter verstärken. Feminismus, zusammengefasst in einem Satz.

Wie eingeschränkt der Blick der Feministin Antje Schrupp ist, zeigt sich auch, wenn sie ein „Recht auf Homeoffice“ einfordert. Polizei, Müllabfuhr, Gastgewerbe, Einzelhandel und – bitte festhalten – Care-Berufe und Physiotherapie hat sie offensichtlich gar nicht im Blick, wenn sie ihre Forderungen zusammenfantasiert.

Auch flexible Arbeitszeiten sind in solchen Berufen nicht zu realisieren.

Antje Schrupp lebt in einer Traumwelt, in der Arbeit darin besteht, zu Hause oder im Büro Papier mit Buchstaben schwarz zu färben. Ihr scheint nicht klar zu sein, wie die reale Arbeitswelt ganz normaler Menschen aussieht.

Fazit

Antje Schrupp hat einen Text geschrieben, in der sie Beispiele beliebig zusammenwürfelt und widersprüchliche Forderungen stellt. Sie springt von Thema zu Thema.

Letztlich ist sie einfach eine Jammerfrau, die über die Ungerechtigkeit der Welt jammert.

Eine Traumwelt aus Schlaraffenland und Selbstverwirklichung ist eine schöne Illusion. In der Realität muss unser Wohlstand aber täglich hart erarbeitet werden.

Der Kapitalismus war und ist sehr erfolgreich darin, Wohlstand zu produzieren. Und die Herausforderung eines Wirtschaftssystems ist die Erarbeitung des Wohlstandes, nicht seine Verteilung.

Frauen sollten – wie Männer – jeden Lebensweg wählen können, den sie wollen. Das gilt sowohl für die berufliche als auch für die private Sphäre.

Eine Rundum-sorglos-Welt, in der alle Wünsche erfüllt werden, würde unser Wirtschafts- und Gesellschaftssystem so ändern, dass Anreize zu Mehrleistung wegfallen und sich das System immer weiter an erfolglose Systeme wie den Sozialismus annähert.

Wer – außer verblendete, inkompetente Ideologen – kann das wollen?

6 Kommentare zu „Jammerfrau Antje Schrupp: Niemand sollte für sein Privatleben selbst verantwortlich sein“

  1. Tja, immer wenn man etwas Natürliches in Unnatürliche verdreht und dann typisch sozialistisch an allen Ecken und Enden an den Folgen und Nebenwirkungen flickschustern muss, der dann noch nebenbei einen riesigen Verwaltungsaufwand zeitigt mit vielen benötigten Angestellten, stellt man fest, dass man auch einfach zum Natürlichen zurückkehren könnte. Und während Antje Schupp noch die Stellen sucht, wo noch ein Pflästerchen oder ein Helferchen installiert und verwaltet werden könnte, zerfällt das zusammengepflasterte Gebilde, weil der Klebstoff des Provisoriums wegaltert. Und überall eitert der Wundsud durch. Man kehrt zwangsläufig zm Natürlichen zurück und die Hohepriesterin des Verwaltungssumpfes belkagt den Einflussverlust.
    Freut Euch, es dauert jetzt nicht mehr lange.
    Legt bis zum Herbst ein wenig in Silber und Gold an, Im Aprill sollten sich die ersten großen Verwerfungen abzeichnen. Es kommt alles zurück aufs natürliche, auch alle Papierwerte.
    Euch allen auch nen Guten Rutsch , feiert brav und haltet Euch fern von den Massenveranstaltungen.

    Gruß: G.

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  2. „Wer häusliche Sorgearbeit leisten möchte, muss auch ohne Erwerbsarbeit eine gesicherte materielle Existenz haben.“
    Das ist ganz richtig und dafuer gibt es seit Jahrtausenden die soziale Einrichtung der Ehe. Da sorgt der Ehemann freiwillig fuer eine gesicherte materielle Existenz der Ehefrau und der Kinder. Jetzt haben Feministinnen alles daran gesetzt die Ehe zu zerstoeren und scheitern daran eine soziale Ersatzkonstruktion zu finden. Es laeuft bei den Feministas immer darauf hinaus jemand anderen fuer die eigenen suboptimalen Lebensentscheidungen verantwortlich zu machen – die anderen Mitarbeiter, die boesen Chefs, den Kapitalismus, die allerboesesten Anti-Feministen….irgendwen, nur nicht sich selbst.

    Nach allem was wir derzeit ueber die Psychologische Entwicklung von Kindern wissen und was wir an demographischen Auswirkungen abzaehlen koennen, ist es extrem nachteilig, wenn die Frauen kaum Kinder haben und wenn sie welche haben, sich nicht um sie kuemmern, weil sie arbeiten gehen. Dieses Problem gilt es zu knacken – ohne 100 Jahre zurueck zu gehen – und die Feministen waren dabei bisher nicht nur nicht hilfreich, sondern verhindern aktiv jeden moeglichen Loesungsansatz. Die jammern eigentlich nur ueber die eigene Unfaehigkeit und Dummheit, diese Dunning-Krueger-Frauen.

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  3. „Wer macht die Arbeit der „Hausfrauen“, wenn es keine Hausfrauen mehr gibt? Und unter welchen Bedingungen?“
    Der Staubsaugerroboter, die Waschmaschine, der Geschirrspüler.
    Unter menschenunwürdigen Bedingungen und das ohne Mindestlohn…

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    1. Das ist ein weiterer Aspekt: Die Arbeiten der „Hausfrauen“ erfordern nicht die gleiche Qualifikation wie die meisten Berufe. Ungelernte Hilfskräfte wie Kindermädchen und Reinigungskraft oder Automaten ersetzen die Hausfrau. Und mit solch schwachen Argumenten im Rücken stellen Frauen die großen Forderungen auf.

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