Selbstverständlich lassen wir uns vom Terror einschüchtern

In Lokalzeitungen kann man nachlesen, was in großen Medien nicht vorkommt:

Terrorangst: Gymnasium streicht Fahrten in europäische Metropolen

Auf der Lehrerkonferenz in der vergangenen Woche wurde unter anderem das Fahrtenprogramm für das kommende Jahr beschlossen. Die sonst am Steinhagener Gymnasium üblichen Ziele London, Paris, Prag und Wien tauchen darin nicht mehr auf.

„Diese Entwicklung hat sich in den vergangenen Jahren bereits angebahnt“, berichtet der Schulleiter mit Blick auf zurückliegende Terrorereignisse. Auf diese habe eine kleine Gruppe Eltern und Lehrer hysterisch reagiert. Scheele-von Alven ließ durchblicken, dass es in der Vergangenheit teils hochemotionale Auseinandersetzungen über die Sicherheit der Studienfahrten an der Schule gegeben haben muss.

Man kann es sich einfach machen und den Eltern vorwerfen, dass sie nicht rational handeln. Auf mich wirkt das Verhalten überbehütend und dumm. Die Wahrscheinlichkeit, dass ihre Kinder in einer europäischen Metropole Opfer eines Terroranschlages werden, ist sehr gering.

Aber Terror trifft die Menschen nun einmal auf einer emotionalen Ebene. Und Kinder sind ein emotionales Thema. Die nicht rational handelnden Eltern (praktischerweise scheint die Gruppe dank dieser Formulierung geschlechtsneutral zu sein) zeigen aber ganz deutlich: Wir lassen uns von Terrorismus einschüchtern und wir ändern wegen Terrorismus unsere Lebensweise.

„Die Gefahr, dass einer unserer Schüler durch einen Autounfall ums Leben kommt, ist ungleich größer, als die durch einen Terroranschlag“, so Scheele-von Alven und weiter: „Immer ist die Rede davon, wir dürften uns von den Terroristen in unserem Leben nicht einschränken lassen, aber genau das ist längst passiert.“

Das trifft es genau. Während unsere Regierung davon schwafelt, dass wir uns „nicht einschüchtern lassen“ sollen, passiert genau das.

Und damit stehen die Eltern dieses Gymnasiums nicht allein:

Das Steinhagener Gymnasium steht mit der Problematik nicht alleine da, auch an anderen weiterführenden Schulen wird über die Sicherheitslage bei Klassenfahrten in Großstädten diskutiert. Nach dem U-Bahn-Anschlag in London am 15. September hatte die Realschule in Halle in Absprache mit dem Kollegium und Eltern kurzfristig ihre Klassenfahrt der 10d in die Metropole abgesagt.

Auch im Vereinigten Königreich sieht es ähnlich aus.

Das mag übervorsichtig erscheinen, es zeigt aber, dass unsere Freiheit nicht nur durch immer neue Sicherheitsgesetze eingeschränkt wird. Auch unser Verhalten verändert sich ganz langsam, meist unmerklich.

Im Falle abgesagter Klassenfahrten ist die Veränderung hingegen ein deutlicher sichtbarer Bruch. Damit wird auch klar, was es bedeutet, wenn der deutsche Bundesinnenminister sagt:

„Wir werden mit dem Terror leben müssen“

Thomas de Maizière spricht hier von einem anderen Leben. Denn es ist nicht das Leben, in dem Schulkinder unbeschwert nach London fahren können. Es ist das Leben, in dem besorgte Eltern das verbieten.

6 Kommentare zu „Selbstverständlich lassen wir uns vom Terror einschüchtern“

  1. Ich halte das durchaus fuer rational. Man muss seine Kinder nicht unnoetig einem erhoehten Risiko aussetzen. „Wir“ haben ja eh kaum noch Kinder. Uebrigens besteht ja auch EU Reisefreiheit nach Polen, Ungarn usw. Dort kann man auch mal eine nicht-multikulturelle und ganz friedliche andere Kultur kennenlernen, praktisch mit Null Terrorrisiko.

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  2. Der Vergleich mit dem Verkehrsunfall ist etwas daneben.
    Ein Terrorist ist kein Unfall.
    Kein Reh, welches auf die Straße hüpft und einen jungen Fahrer überfordert.

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      1. Interessant ist imho auch wie, Eckart von Hirschhausen hat den Vergleich zwischen Reh und Terror ja in der Propagandacomedy etabliert, der Muslim damit entmenschlicht und für infantil und tierisch erklärt wird.
        Quasi zur Frau geadelt.
        Den Dumm-Hetzer Schoppe lese ich nicht mehr.

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