Mir fallen dieser Tage Fälle von Kriminalität auf, die ich in dieser Form früher nicht wahrgenommen habe. Ich meine damit sexualisierte Gewalt, die tagsüber und in der Öffentlichkeit auftritt:
Nach Aussage des Familienvaters haben Unbekannte wenige Minuten zuvor ihn und seinen Sohn niedergeschlagen, nachdem diese versucht hatten seine beiden kleinen Töchter sich auf den Schoß zu setzen.
Der 39-Jährige stellte die Männer zur Rede, worauf diese unvermittelt auf ihn einschlugen. Sogar als der Mann aus Schwerte am Boden lag, traten die „Schläger“ weiter auf ihn ein. Als sein 13-jähriger Sohn und seine Frau sich schützend vor ihn stellten, wurden auch diese verletzt.
Solche Sachen passieren heute an einem Samstag um 16:30 Uhr in einem Zug. Ebenfalls am Tage, um 12:15 Uhr irgendwo in der Provinz kommt so etwas vor:
Die Esloherin (45) war auf dem Wanderweg E5 oberhalb der Sormeckestraße unterwegs, als der Sex-Täter sie von hinten anfiel und zu Boden riss. Dann setzte er sich auf sie und würgte sie. […] Als er versuchte, ihr auch die Kleidung wegzureißen, griff die Frau zu einem Stein und schlug auf den Angreifer ein.
Tagsüber passiert auch:
Am Dienstag, 05.04.2016, um 12.55 Uhr, befand sich eine 27-jährige Münchnerin in der Bleyerstraße in Thalkirchen. Vor einem Wohnhaus bemerkte sie, dass ihr ein unbekannter Mann folgte. Sie verlangsamte ihren Schritt und wollte ihm ausweichen. Plötzlich drückte der Mann die Frau mit seinem Ellenbogen an einen Zaun und begrapschte sie im Schritt und im Brustbereich.
Am Dienstag, 05.04.2016, um 08.30 Uhr, befand sich ein 27-jähriger Äthiopier in einer Straßenbahn an der Münchner Freiheit. Dort sprach er eine 28-jährige Münchnerin an und zeigte ihr sein Geschlechtsteil. Sie forderte ihn auf, das zu unterlassen und entfernte sich von dem Mann.
Daraufhin ging er zu einer 40-jährigen Münchnerin, die sich in der Straßenbahn mit ihren beiden Töchtern (5 und 1 Jahr alt) befand. Die Mutter sah, wie er dort ebenfalls sein Geschlechtsteil aus der Hose holte und direkt vor dem Gesicht des einjährigen Kindes daran manipulierte.
Oder um 18:20 Uhr:
Vor Ort stellte sich heraus, dass ein 32-jähriger Asylbewerber aus München beim Einsteigen in den Bus eine 34-Jährige aus Nandlstadt bedrängt und ihr an den Po gefasst hatte. Die Geschädigte hatte sich das lautstark verbeten – und wurde daraufhin weiter angepöbelt.
Dass ich solche Formen der Kriminalität früher nicht wahrgenommen habe bedeutet nicht, dass dies eine neue Entwicklung ist. Wahrscheinlicher ist, dass ich heute stärker auf solche Meldungen achte.
Trotzdem scheint mir, dass es – gerade für Frauen – schwieriger wird, sich selbst zu schützen, wenn solche Formen der sexualisierten Kriminalität am helllichten Tage und in der Öffentlichkeit passieren. In meiner persönlichen Umgebung höre ich ebenfalls, dass die aktuelle Entwicklung so wahrgenommen wird.
Herkömmliche Maßnahmen wie das Meiden bestimmter Orte oder nachts nicht allein unterwegs zu sein schützen nicht (mehr).
Neu sind für mich auch Fälle von vermeintlicher „Rechtsdurchsetzung“ durch Familien– und Clanstrukturen. Wenn es ein Problem gibt, auch mit der Polizei, ruft man die Familie. Solche Strukturen fühlen sich nicht an Recht und Gesetz gebunden und sehen sich in der Position, ihr „Recht“ als Familie auch gegen die Polizei durchsetzen. Die ist mit solchen Situationen in manchen Fällen sichtlich überfordert.
Diese Überforderung der Polizei bringt den Rechtsstaat ins Wanken. Denn: Das Gewaltmonopol des Staates hat den wichtigen zivilisatorischen Effekt, dass sich eine halbwegs neutrale Instanz um die Sicherheit kümmert. In privater Hand (bezahlte Sicherheitsdienste, Familien- oder Gangstrukturen) ist Neutralität eben nicht gegeben.
Selbstjustiz
Wohin das im Extremfall führt, sieht man, wenn die Polizei dauerhaft Recht und Gesetz nicht durchsetzen kann:
In seinem Büro soll er Blick auf mehr als 30 Überwachungskameras gehabt haben, mit denen er versuchte, dem Einhalt zu gebieten, was ihn als Chef von 35 Mitarbeitern am meisten in Wallung brachte: der nahezu tägliche Diebstahl. […]
Es war nicht das erste Mal, dass Eugeniu B. in diesem Supermarkt gestohlen hatte. Exakt eine Woche zuvor hatte ihn André S.‘ Stellvertreter beim Klauen erwischt […]
Ladendiebstahl war Normalität, viele Täter kamen auch mehrmals vorbei. Die Bedrohung für einen selbstständigen Lebensmittelhändler ist nicht zu unterschätzen: Die Gewinnmargen im Lebensmitteleinzelhandel betragen nur ein bis drei Prozent.
Der Händler hatte auch noch zusätzliche Kosten für eine Sicherheitsfirma zu tragen.
Oft hatte André S. die Polizei gerufen, wenn er oder einer seiner Mitarbeiter einen Ladendieb auf frischer Tat ertappte. Höflich, unauffällig wurde der Kunde nach hinten zum Lieferanteneingang gebeten oder eben mit Unterstützung der Sicherheitsleute dorthin begleitet, die Personalien wurden aufgenommen, auf die Polizei gewartet. Die nahm die Strafanzeige auf, der Dieb bekam Hausverbot – und kam gerne wieder, auch zum Klauen. […]
Irgendwann rief André S. keine Polizei mehr – er begann, die Vorfälle auf seine Art zu regeln. „Ich hatte das Gefühl, mit der Polizei, das bringt nichts“, sagt André S. vor Gericht. Er habe gehofft, „wenn man einmal zeigt, dass das so nicht geht, dass man bei uns nicht klaut“, das habe dann Wirkung. […]
Vor Gericht nennt er diesen Akt der Selbstjustiz „Ordnungsgong“, angeblich ein Tipp von Polizisten, die genervt waren, wenn man sie wegen einer geklauten Schrippe oder einer gestohlenen Dose Bier alarmierte. „Wir sollten denen einen Ordnungsgong geben“, sagt Ronny E., dann würden sie das mit dem Klauen lassen. André S. habe das Personal nicht aufgefordert, so vorzugehen. „Aber er hat es so vorgelebt.“
Ein anderer Mitarbeiter sagt: übliche Praxis, ideale Abschreckung, besser als das lange Warten auf die Polizei. Am Lieferanteneingang seien schon mal „die Fäuste geflogen“, erinnert sich ein Sicherheitsmann. Einem Dieb sollen gar die Zähne ausgeschlagen worden sein.
Die Polizei bekommt die Situation nicht in den Griff und reagiert selbst genervt, wenn sie gerufen wird. Es stellt sich keine Besserung der Situation ein, es gibt keine Abschreckung. Wie geschildert ist Ladendiebstahl für den Besitzer eine reale Bedrohung, schließlich ist er für seine wirtschaftliche Existenz und die seiner 35 Mitarbeiter verantwortlich.
Also greift der selbstständige Lebensmittelhändler zur Selbstjustiz. Der Richter, der ihn zu drei Jahren und drei Monaten Gefängnisstrafe verurteilt gibt ihm noch mit:
Am meisten empörte sich das Gericht über die Selbstjustiz, die der Angeklagte praktizierte. Deshalb wäre es wohl selbst bei einer Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung nicht bei einer Bewährungsstrafe geblieben: „Das gebietet die Verteidigung der Rechtsordnung“, so der Vorsitzende. „Strafen“, sagte der Richter, „das machen wir.“
Der blanke Hohn: Hier der beamtete Richter, der keinerlei wirtschaftliche oder juristische Verantwortung für seine Urteile trägt, dort der selbstständige Lebensmittelhändler, der von Polizei und Justiz nicht geschützt wird. Und der Richter verurteilt ihn nicht nur, er gebärdet sich auch noch als oberlehrerhafte moralische Instanz, als er im vorhält, dass er für Strafen zuständig ist.
Dazu hatte ich mal etwas geschrieben: Es sind Richter, die das Recht beugen, und Täter immer wieder auf Bewährung laufen lassen. Richter sind Teil der Ursache des Ladendiebstahlproblems des Händlers.
Staatsversagen
Der Lebensmittelhändler erfährt Staatsversagen nicht als unbeteiligter Beobachter, sondern als unmittelbar Betroffener. Recht und Ordnung wird bei ihm de facto nicht durchgesetzt, also beginnt er sich selbst zu helfen. Und damit ist er nicht allein.
Andere Beispiele für Selbstjustiz zeigen, dass es Teile der Bevölkerung gibt, die nicht (mehr) auf die Durchsetzung des Gewaltmonopols durch den Staat vertrauen. Gleichzeitig bestätigen sie, dass es ein großes Problem ist, wenn die zivilisatorische Errungenschaft des staatlichen Gewaltmonopols fällt: Familienmitglieder und (vermeintlich) Betroffene sind eben nicht neutral und neigen zu vorschnellen Fehlurteilen.
Zu dem schlechten Gefühl, das mich bei solchen Nachrichten beschleicht, kommt also die Beobachtung, dass einige Menschen den Staat ebenfalls nicht mehr in der Lage sehen, Recht und Gesetz durchzusetzen und deshalb sogar selbst kriminell werden. Ich nehme den Zusammenbruch unseres Rechtsstaates als schleichenden Prozess wahr. Ganz langsam und in kleinen Schritten verschlechtert sich die Lage.
Ein weiteres Indiz: Diejenigen, die sich korrekt verhalten, werden durch Regeln eingeschränkt, die gegenüber Regelbrechern kaum durchgesetzt werden.
So können Regelbrecher mit vielen Identitäten quer durch Europa reisen, während diejenigen, die sich an die Regeln halten, biometrische Ausweise und Reisepässe haben müssen.
Regelbrecher können mithilfe ihrer vielen Identitäten ihre Täterschaft bei Straftaten verschleiern, während diejenigen, die sich an die Regeln halten, 14 Tage nach einem Umzug umgemeldet sein müssen. Ansonsten können sie mit 500 Euro Ordnungsgeld bestraft werden.
Genauso sind Flüchtlinge, die ihr korrektes Alter angeben, die Dummen. Flüchtlinge die bei ihrem Alter lügen profitieren von Privilegien:
Minderjährige Flüchtlinge werden nicht abgeschoben, auch dann nicht, wenn sie die Bedingungen des Flüchtlingsstatus, nämlich individuelle Verfolgung, gar nicht erfüllen.
Wenn sie sie erfüllen, können die Familienangehörigen ersten Grades (Eltern und Geschwister) beantragen, auf dem Wege des Familiennachzugs legal nach Deutschland einreisen, auch wenn sie weder jene Bedingungen für Flüchtlinge erfüllen noch die für Einwanderer, nämlich für ihren Lebensunterhalt selbst aufzukommen.
Alterskontrollen scheinen in Deutschland nicht stattzufinden, obwohl sie möglich sind.
In Österreich lügen 41 Prozent der minderjährigen Flüchtlinge bei der Altersangabe. Die Zahl dürfte in Deutschland ähnlich hoch sein. Regelbrecher nutzen das System aus, aber der Rechtsstaat zeigt keine Zähne. Die hohe Zahl an Lügnern dürfte auch darauf zurückzuführen sein, dass bekannt ist, dass Lügner damit durchkommen.
Regelbrecher erhalten Privilegien, diejenigen Asylbewerber, die sich an die Regeln halten, können ihre Familie nicht nachholen und werden abgeschoben.
Das Staatsversagen findet auf höchster Ebene statt. Für die Bundesregierung hat eben nicht der Schutz der Bevölkerung und die Durchsetzung von Recht und Gesetz Priorität. Lieber konzentriert man sich auf ein neues Sexualstrafrecht.
Der Rechtsstaat verliert seine Zähne
Es gibt sogar Politiker, die sind der Meinung, man müsse Recht und Gesetz in letzter Konsequenz nicht mit Zwang durchsetzen. Im Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und der Linken in Berlin heißt es:
Die Koalition hält Abschiebehaft und Abschiebegewahrsam grundsätzlich für unangemessene Maßnahmen und wird sich deshalb auf Bundesebene für deren Abschaffung einsetzen.
Man mag zu unserem Asylrecht stehen wie man will, aber die Idee, man könne Regeln ohne Zwang durchsetzen ist aberwitzig. Wie weltfremd müssen Menschen sein, wenn sie glauben, dass alle abgelehnten Asylbewerber freiwillig ausreisen?
Und was ist mit denen, die tatsächlich freiwillig ausreisen? Auch hier sind diejenigen die Dummen, die sich an Recht und Gesetz halten. Sie reisen aus, wenn ihr Asylantrag abschlägig entschieden wurde.
Dazu passt auch, dass in den Kriminalstatistiken Straftaten mit ausländerrechtlichen Verstößen (z. B. unerlaubte Einreise und unerlaubter Aufenthalt) häufig herausgerechnet werden, so als wären diese Regeln nicht so wichtig. Dabei gibt es diese Regeln aus guten Gründen und die Bearbeitung und Aufklärung der Straftaten kostet Ressourcen.
Von der Romantik der Hausbesetzung
Auch wenn es um Rechtsfreie Räume wie die seit Jahrzehnten illegal besetzte Rigaer Straße 94 in Berlin geht, gibt es Politiker, die sind der Meinung, man müsse Recht und Gesetz in letzter Konsequenz nicht mit Zwang durchsetzen:
Mit Fortdauern des Konflikts wurden Forderungen nach einer „Deeskalationsstrategie“ lauter. Monika Herrmann (Bündnis 90/Die Grünen) initiierte schließlich am 20. Juli einen Runden Tisch, an dem unter anderem Anwohner, Vertreter der Eigentümer und Mitglieder des Abgeordnetenhauses der Fraktionen von SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen teilnahmen. Vertreter der Polizei, der Innenverwaltung und des Hausprojektes nahmen nicht teil.
Mitte August nahm die städtische Wohnungsbaugesellschaft Degewo Verhandlungen mit dem Eigentümer auf, um die Möglichkeiten eines Kaufes oder der Übernahme der Verwaltung zu prüfen. Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) erklärte, es müssten alle Möglichkeiten für eine Deeskalation genutzt werden.
Es gibt keinen politischen Willen, Recht und Gesetz durchzusetzen. Im Gegenteil, man überlegt sogar, den mit Rechtsbrüchen erzwungenen Zustand auf Kosten der Allgemeinheit zu legalisieren.
Dabei kann es keinen Zweifel daran geben, dass nicht nur die illegale Besetzung selbst ein Versagen des Rechtsstaates ist, sondern auch die Gesamtsituation, wie sie sich für die Menschen darstellt, die in der Nähe wohnen und sich an Recht und Gesetz halten:
Die Polizei hat längst aufgegeben, wegen Lärmbeschwerden auszurücken. „Von wo rufen Sie an? Rigaer? Achso, ja, das glaube ich, dass es da hoch her geht.“ Von Anzeigen wird abgeraten. Dann erführe der Angezeigte früher oder später, wer ihn angezeigt hat, und wo er wohnt – ob man das wirklich wolle…?
Hier wiederholt sich das Muster: Diejenigen, die sich an Recht und Gesetz halten, sind die Dummen. Polizei und Justiz setzen das Recht nicht durch.
Das Beispiel Rigaer Straße in Berlin zeigt, dass als Folge von Rechtsbrüchen auch andere Regeln des Zusammenlebens außer Kraft gesetzt werden, gegenseitige Rücksichtnahme gibt es dann nicht mehr:
Schlaflose Nächte, Gepöbel, mutwillige Zerstörungswut haben mich aus dem Kiez getrieben. Kot, Scherben, Kotze – das ist, was mir in Erinnerung bleibt vom Leben als Nachbar des alternativ autonomen Wohn- und „Kulturprojekts“ Rigaer 78. […]
Nacht für Nacht aggressiv aufgeladenes Gebrüll: Der eine Punk schreit – je später, desto Sternburger – den anderen an. Man wirft die Flaschen wahlweise aufs Pflaster oder sich gegenseitig an den Kopf. Das Ganze geht bis zum morgen, bis keiner mehr stehen kann. Unterlegt mit Bassgewummer, jedes Mal wenn die Tür der Kneipe „Abstand“ sich öffnet, weil einer reingeht. Oder wenn einer rauskommt. Um in unseren Hauseingang zu pissen. Oder auf den Treppenabsatz zu kacken. Manchmal schläft auch einer darüber ein. Wacht vielleicht auf, wenn morgens die werktätigen Spießer auf dem Weg zur Arbeit über ihn hinwegsteigen – und ruft den Frauen ein röhriges „Ey, Scheiß-Yuppie-Schlampe“ hinterher.
So funktioniert eine Gesellschaft nicht. Ist das Recht erstmal außer Kraft gesetzt, ist man auch vor weiteren Rechtsbrüchen nicht mehr sicher:
Johanns Angst hat etwas mit den Hausbesetzern zu tun. Häufiger schon ging von ihnen Gewalt aus, selbst ein Polizeibeamter wurde schon vor der Haustür angegriffen. Von den Sachbeschädigungen ganz zu schweigen: Mehrmals wurden Autos von Anwohnern angezündet. Auch das Auto von einem von Johanns Nachbarn wurde in Brand gesteckt, bei einem anderen war es das Motorrad. […]
Die Menschen in der Rigaer Straße haben auch sonst ihre Erfahrungen mit den Bewohnern von R 94, die vorgeben, für mehr Gerechtigkeit zu kämpfen. „Es gibt hier einen sehr hohen gewollten, absichtlich herbeigeführten Verschmutzungsgrad“, weiß Johann aus eigener Erfahrung.
[…] Ständig ist der „Dorfplatz“ verdreckt mit Bierdosen oder Pappbechern oder sonstigem Müll. Immer wieder räumen die Besetzer Sperrmüll vor die Tür und lassen ihn dort liegen. Gar nicht zu reden von all dem Hundekot, der die Straße verschmutzt.
Abends gib es das ritualisierte Protest-Topfschlagen der Bewohner – mächtig Krach, der in der engen Straße laut hallt. Dass hier Menschen leben, die morgens zur Arbeit gehen und kleine Kinder, die Angst vor dem Lärm haben, sei den Besetzern völlig egal. „Sozial“ sieht für Johann anders aus. Solche Aktionen findet er einfach nur kindisch und lächerlich.
Es zeigt sich, dass die Durchsetzung von Recht und Gesetz Auswirkungen auf das Zusammenleben in unserer Gesellschaft hat, die weit über die direkte Bekämpfung von Kriminalität hinausgeht.
Der Schutz der sozial Schwachen
Wer es sich leisten kann, zieht aus solchen Vierteln weg. Zurück bleiben die, die es sich nicht leisten können. Diese Menschen sind die ersten Opfer des schwachen Staates. Sie müssen in Kotze und Scheiße leben, nachts terrorisiert durch Lärm. Ihre Autos werden verbrannt.
An an Sozialen Brennpunkten gewinnt die Kriminalität immer mehr die Oberhand. Hauptopfer von Kriminalität sind also überdurchschnittlich oft Menschen aus sozial schwachen Schichten, die es sich nicht leisten können, von solchen Brennpunkten wegzukommen.
Gerade Linke müssten also eigentlich die Priorität auf die Verbrechensbekämpfung und die Durchsetzung von Recht und Gesetz legen, weil im Wesentlichen die Schwachen davon Profitieren würden. Genau das kann ich aber nicht erkennen. In der Rigaer Straße in Berlin unterstützen linke Parteien die Rechtsbrecher statt die terrorisierten Anwohner. Gerade linke Politiker tolerieren Kriminalität, obwohl Menschen Opfer dieser Kriminalität werden.
Der Rechtsstaat zeigt auch vor Gericht keine Zähne. Deutsche Richter wenden bestehende Gesetze nicht richtig an: Strafen zwischen einem und zwei Jahren Gefängnis dürfen nur unter besonderen Umständen zur Bewährung ausgesetzt werden. Der Regelfall ist hier – laut Gesetz – keine Bewährung. Trotzdem werden diese Gefängnisstrafen in fast drei Vierteln der Fälle zur Bewährung ausgesetzt.
Manchmal führen sogar Ressourcenengpässe dazu, dass der Rechtsstaat versagt.
Auch die zur Durchsetzung von Regeln notwendige Polizei wird sukzessive geschwächt. Die aktuelle Problemlage deutet darauf hin, dass Polizisten – nur wegen ihres Amtes – weniger Respekt entgegengebracht wird als früher. Das drückt sich beispielsweise dadurch aus, dass sich Polizisten neuerdings viel stärker gegen Bespucken schützen müssen:
Dass die Hauben benötigt werden, zeigt eine Erhebung aus dem Jahr 2014: In nur 88 Tagen wurden vor drei Jahren 75 Spuckattacken auf Polizeibeamte gezählt, davon 40 allein innerhalb der Reviere der für St. Pauli und die Innenstadt zuständigen Kommissariate 11 und 15 (Davidwache). Die Polizei geht davon aus, dass die Dunkelziffer der Attacken weitaus höher ist und viele Attacken gar nicht angezeigt werden.
Umso wichtiger wäre es, dass Polizisten sich in kritischen Situationen tatsächlich durchsetzen könnten. In der Realität wird die Polizei zunehmend durch Frauen geschwächt. Auch generell scheint es schwieriger für die Polizei zu werden, geeignete Bewerber zu finden.
Unsicherheit durch mangelhafte Strafverfolgung
Dabei benötigen wir eine sehr gute Polizei und hohe Aufklärungsquoten: Die Polizei verhindert ja praktisch keine Verbrechen auf frischer Tat, sie schreckt ja „nur“ durch Aufklärung – im Nachhinein – und Bestrafung ab. Die passable durchschnittliche Aufklärungsquote (Seite 4) von 56,3 Prozent der angezeigten Straftaten täuscht in dieser Hinsicht.
Es gibt Straftaten, in denen der Täter sehr häufig in persönlicher Beziehung zum Opfer steht. Damit ist die Aufklärung leichter. Beispiele sind Mord und Totschlag mit Aufklärungsquoten von über 90 Prozent. Die Fallzahlen sind in diesen Fällen zu niedrig um die Statistik zu verfälschen.
Es gibt aber auch Straftaten, die werden praktisch nur angezeigt, wenn der Täter auf frischer Tat ertappt wird. Beispiele sind dafür sind Ladendiebstahl (91,2 Prozent Aufklärungsquote), Erschleichen von Leistungen (Schwarzfahren, 99,3 Prozent), Beleidigungen (90,1 Prozent) oder Straftaten gegen das Aufenthalts-, das Asylverfahrens- und das Freizügigkeitsgesetz/EU (sagenhafte 99,7 Prozent)
Eine Aufklärung des Täters (im Wortsinne) durch die Polizei ist hier gar nicht notwendig, so dass der Name „Aufklärungsquote“ irreführend ist. Durch die hohen Fallzahlen ziehen diese Pseudoaufklärungen die Aufklärungsquote stark nach oben.
Zusätzlich liegt die Dunkelziffer der tatsächlich stattfindenden Straftaten bei solchen Delikten wahrscheinlich um eine Größenordnung höher, aber wer zeigt schon verschwundene Ware an, wenn er keinen Täter auf frischer Tat ertappt? Welcher Schwarzfahrer wird angezeigt, wenn er nicht erwischt wird? Die Tatsächliche Schwarzfahrerquote liegt bei vier bis über fünf Prozent aller (bezahlten) Fahrten.
Insofern ist die Aufklärungsquote angezeigter Straftaten auch in dieser Hinsicht irreführend: Die tatsächliche Kriminalität ist viel höher, viele Fälle – und zwar genau die, die nicht aufgeklärt werden könnten – kommen aber gar nicht zur Anzeige.
Sichtbar wird die geringe Aufklärungsquote bei den Delikten, die meist anonym begangen werden, deren Täter zunächst unbekannt sind und die trotzdem angezeigt werden.
- Kfz-Diebstahl: 27 Prozent bei 36.507 angezeigten Fällen
- Fahrraddiebstahl: 9,1 Prozent bei 335.174 angezeigten Fällen
- Wohnungseinbruchdiebstahl: 15,2 Prozent bei 167.136 angezeigten Fällen
- Diebstahl an/aus Kraftfahrzeugen: 9,3 Prozent bei 333.248 angezeigten Fällen
- Taschendiebstahl: 6,4 Prozent bei 168.142 angezeigten Fällen
- Sachbeschädigung: 24,8 Prozent bei 577.017 angezeigten Fällen
Diese niedrigen Aufklärungssquoten zeigen: Für Täter gibt es nur ein geringes Risiko gefasst zu werden. Zusätzlich kann man annehmen, dass nicht alle Straftaten in diesen Kategorien angezeigt werden. Die Aufklärungsquote aller verübten (nicht der angezeigten) Straftaten und damit das Risiko, erwischt zu werden, ist also noch geringer.
Es ist – bis auf Ausnahmen wie Mord und Totschlag – nicht die Abschreckung vor der Strafverfolgung, die für Sicherheit in Deutschland sorgt.
Es gibt offensichtlich – über weite Bevölkerungsschichten hinweg – andere Faktoren, z.B. Kultur und Konventionen, als Norm traditionell anerkannte, gesellschaftliche Verhaltensregeln, die die Menschen von Straftaten abhalten.
Dass es anders geht, zeigt die Kriminalstatistik Bayerns: Die Aufklärungsquote ist in Summe mit 72,5 Prozent um mehr als 16 Prozent besser ist als im Bundesschnitt. Ohne Verstöße gegen das Aufenthalts-, das Asylverfahrens- und das Freizügigkeitsgesetz/EU sind es immerhin noch 62,8 Prozent Aufklärungsquote in Bayern, bei einem bundesweiten Vergleichswert von 53,4 Prozent.
Auch bei Straftaten, die schwer aufzuklären sind, beweist Bayern, dass deutlich bessere Aufklärungsquoten möglich sind. Wenn man es nur wichtig genug nimmt und konsequent betreibt. Bei Fahrraddiebstahl hatte Bayern 2015 eine Aufklärungsquote von 27 Prozent bei 7.217 angezeigten Fällen, im Bundesschnitt sind es gerade 9,1 Prozent.
Hier zeigt sich: Bessere Ergebnisse sind möglich, den politischen Willen vorausgesetzt.
Fazit
In meiner Wahrnehmung wird der Rechtsstaat unter anderem durch eine neue alltägliche Art von Straftaten und von Clanstrukturen herausgefordert, setzt dem aber nichts wirksam entgegen. Unsere Strafverfolgungs- und Justizstrukturen scheinen überfordert zu sein. Manchmal fehlt sogar der politische Wille, überhaupt Strafverfolgung zu betreiben. Menschen werden nicht im ausreichendem Maße geschützt und greifen zu Selbstjustiz.
Dazu kommt die Erkenntnis, dass unsere Sicherheit auf Erziehung, Kultur und Konventionen – und nicht allein auf wirksamer Strafverfolgung – beruht.
In Summe ist erkennbar, dass wir uns vom Gewaltmonopol des Staates langsam aber sicher verabschieden. Dabei ist diese Entwicklung selbst bereits Ausdruck des langsam schwächer werdenden Gewaltmonopols. Eine sich selbst verstärkende Abwärtsspirale.
Für mich ist keine Trendumkehr sichtbar. Ich sehe nicht, dass die Herausforderung überhaupt wahrgenommen wird oder dass in Politik und Justiz erkannt wird, wie wichtig das Gewaltmonopol ist. Von wirksamen Gegenmaßnahmen ganz zu schweigen.
Was ist zu tun?
Zunächst muss uns bewusst werden, wie dünn das Eis der Zivilisation über dem Meer des Chaos tatsächlich ist. Sobald sich der Staat zurückzieht übernimmt die Anarchie.
Aus der Erkenntnis, dass die Zivilisationsdecke sehr dünn ist, muss abgeleitet werden, dass man politische Fragestellungen dahingehend priorisiert, dass man zwischen wichtig für unsere Gesellschaft und nicht wichtig für unsere Gesellschaft unterscheidet. Das klingt wie eine Selbstverständlichkeit, ist es aber leider nicht.
Wichtig ist beispielsweise unsere Rechtsordnung durchzusetzen. Nicht wichtig sind persönliche Befindlichkeiten. Politisch muss es eine deutliche Konzentration auf die wichtigen Themen geben. Schutz vor Kriminalität und Durchsetzung von Recht und Ordnung sind wichtig. Schutz vor unkomfortablen Meinungen (heutzutage „Hasssprache“ genannt) ist weniger wichtig. Ein verschärftes Sexualstrafrecht ist in einem gut funktionierenden System weniger wichtig.
Der politische Wille, Rechtsverletzungen nicht zu tolerieren, muss zurückkehren. „Wir besiegen die Terroristen“ muss wieder die Maxime werden. „Wir werden mit dem Terror leben müssen“ sind Verlierersprüche von Verlierern für Verlierer.
Mit dieser Einstellung setzt man nicht die richtigen Prioritäten und negiert die Relevanz von Recht und Ordnung für unsere Gesellschaft.
Richtig und falsch müssen klar benannt werden. Unsere Gesellschaft muss für ihren Erhalt kämpfen wollen.
Die Beispiele dieses Artikels zeigen deutlich, dass ohne den politischen Willen keine Verbesserung zu erwarten ist.
Und worin mündet das? Im schlimmsten Fall in einem Bürgerkrieg:
https://emannzer.wordpress.com/2017/04/26/deutschland-bald-im-buergerkrieg/
LikeLike
Hat dies auf Nicht-Linke Blogs rebloggt.
LikeLike