Feministischer Schlampenjammer

Bei Ze.tt gibt es mal wieder einen Frauenjammerartikel:

Chrissi muss was loswerden. Und so fragt sie in dem Online-Forum einer Frauen-Community in die Runde: „Wisst ihr, was ich echt ungerecht finde? Dass Frauen, wenn sie auch mal ihren Spaß haben wollen, immer gleich als Schlampe hingestellt werden.

Immer! Gleich! Von wem werden Frauen eigentlich immer und gleich als Schlampen bezeichnet? Mich jedenfalls interessiert nicht, mit wem Chrissi in die Kiste steigt. Wenn sie sich sich davon gestört fühlt, dass sie von den Menschen, die sie umgeben als Schlampe hingestellt wird, sollte sie sich halt neue Freunde suchen. Das sollte doch offensichtlich sein.

Das ist doch ungerecht. Wenn Männer dies tun, dann sind sie noch toll und erzählen jedem davon … Aber bei uns?!

Chrissi, du kannst es auch jedem erzählen. Fühl dich frei.

Wieso können Frauen, wenn sie solo sind, nicht auch einfach tun und lassen was sie wollen?”

Niemand hindert Chrissi außer sie selbst. Aber Chrissi meint eigentlich auch gar nicht, dass sie etwas nicht darf. Nein, Chrissi möchte nur nicht schlecht beurteilt werden. Sie möchte, dass andere Menschen bestimmte Dinge nicht über sie denken.

Wenn mich eine alte Frau im Supermarkt fragt, ob ich ihr helfe ihren schweren Einkauf nach Hause zu bringen und ich lehne das – vielleicht aus sehr guten Gründen – ab, dann muss ich damit leben, dass andere mich für wenig hilfsbereit oder gar faul halten. So fühlt sich sich an, wenn man erwachsen ist. Man muss die Konsequenzen für seine Handlungen tragen. Auch wenn das – wie in diesem Fall – nur die Gedanken der anderen sind, die sich mir gegenüber in der Folge vielleicht auch anders verhalten.

Chrissi möchte tun und lassen, was sie will. Niemand hindert sie daran. Aber sie möchte trotzdem nicht auf eine bestimmte Art gesehen werden. Chrissi möchte die Konsequenzen ihrer Handlungen nicht tragen, sie will nicht erwachsen sein.

Jetzt steigt Autorin Gunda Windmüller ein:

Aber letzten Endes sind auch diese slut walks ein Zeichen dafür, wie zielgenau der Begriff Schlampe immer noch wirkt. Wie er dazu dient, Frauen zu erniedrigen, ihre Sexualität zu diskreditieren. Deshalb ist die Beleidigung auch nichts, was man einfach an sich abprallen lassen sollte. Oder abprallen lassen könnte. Denn Wörter sind nicht einfach nur Lauthülsen, die man lässig von der Schulter schnipsen kann, wenn sie einen treffen.

Doch, genau das sind sie. Worte sind Worte. Und im Gegenteil, man sollte sie von sich abprallen lassen. Das ist der eine Punkt, in dem billige Selbsthilfebücher recht haben: Kümmere dich nicht darum, was andere von Dir denken. Wenn Du Dein Wohlbefinden von anderen abhängig machst, dann bist Du eben von anderen abhängig.

Im englischen gibt es den Kinderreim: „Sticks and stones may break my bones, but names can never hurt me“. Wörtlich etwa „Stöcke und Steine brechen Gebeine, Worte tun nicht weh.“ Das bedeutet, dass man sich nicht um das Gerede anderer Leute kümmern soll. Der Kinderreim wird auch direkt als Erwiderung auf eine Beleidigung genutzt. Englischsprachige Kinder lernen offensichtlich im Kindesalter mehr Lebensweisheit, als ze.tt Journalistinnen im Erwachsenenalter besitzen.

Natürlich ist „Schlampe“ eine Zuweisung, die negativ konnotiert ist, aber wie dies dazu dient, „Frauen zu erniedrigen, ihre Sexualität zu diskreditieren“ kann ich nicht nachvollziehen. Gunda Windmüller erklärt das auch nicht.

Wörter schaffen Wirklichkeit. Sie schaffen unsere Welt, unsere Beziehungen zueinander, wer wir sind. Wer wir sein können. Und Männer, da kann man noch so lang im Duden wühlen, können nun mal keine Schlampen sein. Es gibt dafür noch nicht mal ein Wort.

Ja, Worte schaffen Wirklichkeit. Aber Worte verbieten schafft natürlich auch Wirklichkeit. Und genau das ist das Ziel der Autorin: Menschen sollen bestimmte Dinge nicht mehr denken können. Und das funktioniert auch.

Und Männer, da kann man noch so lang im Duden wühlen, können nun mal keine Schlampen sein. Es gibt dafür noch nicht mal ein Wort.

Und nein: Player, Hengst, Aufreißer und Frauenheld zählen nicht. In diesen Bezeichnungen schwingt nämlich immer eine stille Bewunderung mit, das Eingeständnis, dass der entsprechende Typ halt auslebt, was in ihm steckt.

Weil es für einen Mann viel schwieriger ist, eine Frau ins Bett zu bekommen, als umgekehrt. Darum liegt auf der Hand: Der hat etwas erreicht, er hat Zielstrebigkeit und Können bewiesen, darum schwingt stille Bewunderung mit.

Eine sexuell umtriebige Frau hingegen ist keine geile Stute, keine Aufreißerin, keine Playerin. Sie ist eine Schlampe. Und indem man Frauen, denen man unterstellt ein freizügiges Sexleben zu haben, so bezeichnet, wird weibliche Sexualität per se schon als irgendwie schandhaft skizziert. Schandhaft und daher kontrollbedürftig.

Woher die Schandhaftigkeit und Kontrollbedürftigkeit auf einmal kommen, wird nicht erklärt. Meine Interpretation des Wortes ist eine andere: Schlampen werden durchaus geschätzt – für Sex. Sie werden von Männern aber eher nicht als potentielle Lebenspartnerin gesehen. Von Frauen werden sie als Konkurrenz gesehen, die sie lieber nicht in der Nähe ihrer Partner haben wollen.

Die Beleidigung Schlampe stellt nämlich klar, dass weibliche Lust eigentlich keine sein darf.

Auch hier: Keine Erklärung, woher diese Interpretation kommt. Wenn der Artikel ein Plädoyer für die sexuelle Freiheit der Frau sein soll, tut er ihnen keinen Gefallen, indem zusammenhangslos irgendwelche Behauptungen aufgestellt werden.

Und, noch mal, das ist schlimm. Weil die Beleidigung Schlampe – stellvertretend für ganz ähnliche Begriffe – ganz klar unsere Freiheit infrage stellt. Nicht nur infrage stellt, sondern auch unterdrückt. Denn – sexuelle – Freiheit hängt eng mit dem zusammen, was wir überhaupt denken können.

So ist das Leben, möchte ich der Autorin zurufen! Tue was Du willst, aber erwarte nicht von anderen, sich keine Gedanken zu machen. Du hast die Freiheit, Du wirst nicht unterdrückt, nur weil jemand schlecht von Dir denkt. So wie Du frei bist, sind auch die anderen frei, schlecht von Dir zu denken.

Ein Mann, der kein Familienernährer sein möchte und nur soviel Geld erarbeitet, wie er für sich persönlich benötigt, muss damit leben, das manche ihn für einen Verlierer halten.

Ein MGTOW muss damit leben, dass manche Menschen denken, er habe einfach keine Frau abbekommen. Das damit verbundene Gefühl, dass einem egal ist, was andere über einen denken ist sogar Teil der Freiheit, die ein MGTOW hat.

Solche Jammerfrauen wie in diesem Artikel – und in anderen Artikeln beschrieben – gehen mir so auf den Kranz. Sie heulen ihr empfundenes Leid in die Welt hinaus. Männer würden sich schämen und sich das nicht trauen. Männer würden fürchten, dass man sich über sie lustig macht.

Statt einfach ihr eigenes Ding durchzuziehen, erwarten Jammerfrauen, dass sich alle anderen ändern müssen. Statt selbst aktiv zu handeln sind sie sich nicht zu blöde ihre eigenen (Fehl-)Entscheidungen zu beklagen, aber andere verantwortlich zu machen.

Gunda, wenn du eine Schlampe sein möchtest, dann sei eine Schlampe! Aber erwarte doch nicht, dass andere das gut finden! Den meisten anderen Menschen ist es einfach egal, mit wem du in die Kiste steigst.

Es mag Menschen geben, die meinen, dass promiskuitives Verhalten bei Frauen seine Spuren hinterlässt, und dass ihnen das mittel- und langfristig nicht gut tut. Vielleicht glauben Sie das bei Männern nicht. Das magst du als ungerecht empfinden, aber was kümmert es dich?

Wenn du davon überzeugt bist, dass Promiskuität Frauen gut tut, dann handele doch aktiv danach. Du hast die Möglichkeit zu zeigen, wie gut das funktioniert.

Wer Frauen als Schlampen bezeichnet, der bläst nicht nur Diskursnebel in die Hirne, sondern sorgt auf ganz vielfältige Art auch dafür, dass Frauen im öffentlichen Raum diskriminiert werden. Das hat Auswirkungen auf Gerichtsverfahren wegen sexueller Übergriffe, auf den Ausgang von Bewerbungen und die Reputation. Und die ist in vielen Kontexten ganz handfest.

Hier wird das Bild eines besonders großen Problems gezeichnet, aber es gibt keine Belege für diese aus der Luft gegriffenen Behauptungen. Das fängt schon damit an, dass mir niemand einfällt, der promiskuitive Frauen als Schlampen bezeichnet. So dieses Phänomen überhaupt existiert, scheint es völlig an mir vorbeizugehen. Auch im öffentlichen Diskurs nehme ich das Wort Schlampe praktisch nicht wahr.

Und welche Auswirkungen hat das auf Bewerbungen? Woher sollte der potentielle Arbeitgeber Kenntnis des Sexuallebens einer Bewerberin haben?

Interessant ist, dass Gunda Windmüller das Thema Reputation anspricht. Wikipedia sagt zu Reputation:

Reputation […] bezeichnet im heutigen Sprachgebrauch das Ansehen einer Person, einer Gruppe oder einer Organisation. Sie ist ein Indiz dafür, wie sich jemand zukünftig verhalten wird und erleichtert in diesem Zusammenhang zu treffende Entscheidungen. Reputation beruht auf Vertrauen und Glaubwürdigkeit, manchmal auch auf Glaube.

Und genau hier finden wir das eigentliche Problem von Gunda Windmüller: Andere Menschen nutzen Information über eine Person als Indiz für zukünftiges Handeln. Das gilt natürlich für alle Informationen über eine Person, aber mit der Zuschreibung Schlampe hat Gunda Windmüller ein Problem.

Wenn eine Person als promiskuitiv gilt, kommt sie vielleicht eher nicht als Partner für eine langfristige Beziehung in Frage, weil vergangenes Handeln als Prognose für die Zukunft gesehen wird. Andere Personen gleichen Geschlechts haben vielleicht das Problem, dass sie die promiskuitive Person nicht in der Nähe ihrer Partner haben möchten, weil sie hier eher die Befürchtung haben müssen, dass es zu einem Sexualkontakt kommt.

Aber wo liegt das Problem? Das ist das ganz normale Leben eines Erwachsenen. Ist jemand als unzuverlässig bekannt, werden ihm weniger wichtige Aufgaben übergeben. Man trägt die Verantwortung für das eigene Handeln. Wenn einem eine Handlung wichtig genug ist, ist man eben bereit auch negative Konsequenzen zu tragen. So kompliziert ist das Leben eines Erwachsenen nun auch nicht.

Was Gundula Windmüller eigentlich möchte ist: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass. Sie will die Freiheit haben, zu tun und zu lassen, was sie möchte, sie will aber nicht die Konsequenzen tragen, die sich aus diesen Handlungen ergeben. Wie ein Kind.

Lasst das also nicht auf euch sitzen. Habt den Sex, der euch zusteht. Niemand ist eine Schlampe.

Raucht die Zigaretten, die euch zustehen. Niemand muss früher sterben.

Seid so egoman, wie es euch zusteht. Niemand wird euch rücksichtslos finden.

Liegt so faul auf der Haut rum, wie es euch zusteht. Niemand wird Geldmangel leiden.

Das gibt es nur im Märchen. Für Kinder.

13 Kommentare zu „Feministischer Schlampenjammer“

  1. Loser, Schlappschwanz, Muttersöhnchen, Weichei

    So sehr man auch im Duden stöbert, man findet keine weibliche Entsprechungen.

    Nanu!?!

    Feministinnen verstehen gar nichts.

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  2. Tja, das S-Wort.
    Es gibt weitaus mehr Frauen die das Wort Schlampe benutzen, die andere Frauen so bezeichnen und manche, die sich selbst so bezeichnen und einige, die das sein wollen und das offensiv leben, als Männer.
    Männer über ihre Sexualität zu erniedrigen und zu demütigen ist übrigens unter Frauen auch ein sehr verbreiteter Sport und wird dort besonders von feministischer Seite extrem entwürdigend und erniedrigend betrieben.
    Wie sich die Autoren über Männer auslässt, wenn sie mal nicht über ihre Befindlichkeiten jammert, möchte ich garnicht wissen.
    Dabei müssen Frauen ja nur feucht werden und keine Leistung abliefern.
    Da ekelt sich wieder der samtbetüddelte Logenadel darüber, daß zum Brotbacken sich vorher einer die Hände bei körperlicher Arbeit in der Erde schmutzig machen musste sind abe empört, wenn sie kein Brot bekommen.
    Ich fürchte, das Ende des Feminismus und mancher Feministin wird dem Ende Marie-Antoniettes nicht nachstehen.

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  3. könnte die Sichtweise auf Frauen mit vielen Sexualkontakten nicht auch damit zusammenhängen, dass seit Menschengedenken das älteste Gewerbe der Welt fest in Frauenhand ist ?
    also das “ in Aussichtstellen der Benutzung von Körperöffnungen zur Erlangung von Vorteilen “
    wie es Esther Vilar glaube ich beschrieben hat

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    1. Ich gehe davon aus (ich kann das aber nicht belegen), dass es in viel größerem Maße Frauen sind, die andere Frauen als Schlampen sehen, als Männer dies tun.

      Männer stören Schlampen nicht. Sie vergrößern das Sex-Angebot. Wenn ein Mann keinen Sex möchte, bemüht er sich halt nicht darum, bzw. (in Extremfällen) lehnt er das Angebot ab.

      Für Frauen mit einem festen Partner hingegen handelt es eine Bedrohung ihrer Lebensweise: Sie haben keinen direkten Einfluss darauf was ihr Partner mit einer anderen Frau tut oder nicht tut. Sie können nur versuchen, keine Frauen, die sie für Schlampen halten in die Nähe ihrer Partner zu lassen.

      Ich finde, dass dies eine legitime Sichtweise aus Sicht der Frauen mit festem Partner ist. Dazu noch gut begründet und rational. Die Entstigmatisierung der Promiskuität erschwert die Situation für diese Frauen erheblich.

      Dass der Feminismus hier nur die Sichtweise der promiskuitiven Frauen vertritt zeigt ein weiteres Mal, dass der Feminismus gar nicht die Interessen aller Frauen vertritt und dies auch gar nicht als Ziel hat.

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      1. „Ich gehe davon aus (ich kann das aber nicht belegen), dass es in viel größerem Maße Frauen sind, die andere Frauen als Schlampen sehen, als Männer dies tun.“
        Ersetze „sehen“ durch „bezeichnen“. „Schlampe“ ist ein gängiges Schimpfwort, dass das Gegenüber abwerten soll, egal, ob es tatsächlich zutrifft oder nicht. Und es kann, muss aber nichts mit einem festen Partner zu tun haben.

        Davon abgesehen gibt es „den“ Feminismus nicht, sondern verschiedenen Strömungen, die sich teilweise sogar gegenseitig bekriegen.

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  4. eine Frau beschwert sich bei einem Freund: „wenn wir Frauen uns einen Kerl aufreissen, werden wir wieder gleich als Schlampe abgestempelt. Wenn ihr euch aber eine Frau aufreisst, seid ihr die Größten.“

    darauf der Freund: „ich erkläre dir das mal so: wenn du einen Schlüssel hast, der in jedes Schloss passt…., hast du den Master-Schlüssel. Wenn du aber ein Schloss hat, in das jeder Schlüssel passt, hast du einfach nur ein billiges Schloss.“

    😉

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  5. Die Sprache formt nicht die Wirklichkeit. Hat sie nie und wird sie auch nie. Der verbale Sozialkonstruktivismus, ich nenne ihm liebevoll Hexerei, ist vollkommener Quatsch.
    Worte haben keine Magie intus, sie vermitteln Informationen (im besten Falle). Ein „Enemenemeck, ich trink ein Bier und du bist weg“ lässt niemanden auf wundersame Art verschwinden… Wer dies nicht glaubt, kann sich gerne vor eine Wand stellen, diese durch einen „Sprechakt““ dekonstruieren“ und anschließend hindurchgehen.
    Dementsprechend ist es vollkommen schnuppe, ob irgendwelche Leute als Schlampe bezeichnet werden. Das böse S Wort bohrt sich nicht in das Gehirn des Empfängers und treibt dort sein Unwesen, es hängt vielmehr davon ab, ob der Empfänger dieses Urteil teilt. Ob der Empfänger dies tut, ist wiederum seine Sache, die Gedanken sind schließlich frei.

    Früher oder später scheitern die Sozialkonstrukteure an der Wirklichkeit, da das Dekonstruieren von Gewehrkugeln bisher eher mäßig funktionierte.

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